Ein Programm der Gegensätze

Kultur / 19.01.2024 • 17:57 Uhr
Bruckners Messe verlangt neben dem Chor ohne Solisten eine Bläserbesetzung mit 15 Musikern in Form der früher gebräuchlichen „Harmoniemusik“. FRITZ JURMANN
Bruckners Messe verlangt neben dem Chor ohne Solisten eine Bläserbesetzung mit 15 Musikern in Form der früher gebräuchlichen „Harmoniemusik“. FRITZ JURMANN

Markus Landerer setzt mit seiner Chorakademie diesmal auf Jahresregent Bruckner gegen Rutter.

FELDKIRCH Der Nimbus des Besonderen haftet dieser musikalischen Gemeinschaft seit ihrer Gründung 2008 an. Damals hat der Chorleiter Markus Landerer nach erfolgreicher Tätigkeit unser Land verlassen, um einer Berufung als Domkapellmeister an St. Stephan in Wien zu folgen. Doch die Bande zur Chorszene in Vorarlberg waren schon damals so eng, dass er für ein einziges Projekt im Jahr auch weiterhin zurückkehren und dieses mit seiner Chorakademie Vorarlberg aus qualifizierten Sängerinnen und Sängern jeweils zum besonderen Ereignis im Land machen wollte. Das ist ihm, jeweils in der Kapelle der Stella Privathochschule, im Wechsel zwischen oratorischen Werken des Barock, der Klassik und Romantik auch über weite Strecken geglückt.

Kompositionen von Anton Bruckner waren bislang kaum dabei. Die hat sich Landerer vorausschauend zum heurigen 200. Geburtstag des oberösterreichischen Giganten der Romantik aufbewahrt.

Wunderbare Kontraste

Er führt ihn mit gebührender Ehrfurcht nicht bloß auf, sondern stellt ihn auch in ein besonderes Umfeld der Gegensätze, was für diese Begegnung erhebliche Spannung verheißt: Anton Bruckners gewaltige Messe e-Moll tritt gegen das „Gloria“ des populären britischen Zeitgenossen John Rutter an, eine mystische tiefgründige Klangkathedrale gegen fetzige moderne Harmonien und Rhythmen, musikgewordene eherne Glaubensgrundsätze gegen ein schillernd lebensfrohes Gotteslob aus Gregorianik und Musical. Landerer: „Das sind wunderbare Kontraste, und ich habe sehr große Lust, diese unserem Publikum zu präsentieren!“

Gerhard Frontull, dem langjährigen Präsidenten der Chorakademie, und seinem Führungsteam war es wichtig, heuer nach mehreren pandemiebedingten Verschiebungen wieder zur langjährig bewährten Normalität mit Aufführungsterminen im Jänner zurückzukehren: „Bereits im September haben über 90 Sängerinnen und Sänger mit dem ersten Probenwochenende begonnen, auch ein paar neue Chormitglieder sind dabei. Alle Proben, zu denen Markus Landerer jeweils mit dem Nachtschnellzug aus Wien anreist, werden von ihm selbst geleitet.“ Wer das einmal miterlebt hat, staunt, mit welch abenteuerlicher Mischung aus strenger Konsequenz und launigem Schmähführen er da seine Leute bei Laune hält.

Besonderes Augenmerk legt Landerer natürlich zum Anlass auf die sorgsam ausgefeilte Wiedergabe der zweiten der drei großen Messen Bruckners, die für ihn zu den Spitzenwerken der österreichischen Kirchenmusik zählt und damit zum täglich Brot am Dom: „Die e-Moll-Messe ist deswegen so besonders, weil sie nicht als symphonische Messe konzipiert ist wie die beiden anderen. Es ist genau genommen eine große A-cappella-Komposition für den Chor, aber ohne Solisten, an der auch ein 15-köpfiges Bläserensemble der Sinfonietta Vorarlberg beteiligt ist. Die Besetzung stammt daher, weil das Werk 1860 unter freiem Himmel uraufgeführt wurde. Die Messe ist wegen ihrer Anforderungen bei den Chören auch gefürchtet, denn Bruckner fordert im oft achtstimmig unbegleiteten Satz fast überirdische Leistungen allein an Intonationssicherheit.“ JU