Eine Himmelfahrt, die nicht stattgefunden hat

Kultur / 04.02.2024 • 16:30 Uhr
Shani Diluka, die bereits ab 2015 mehrfach bei der Schubertiade aufgetreten ist, debütierte nun bei den Bregenzer Meisterkonzerten. <span class="copyright">Udo Mittelberger </span>
Shani Diluka, die bereits ab 2015 mehrfach bei der Schubertiade aufgetreten ist, debütierte nun bei den Bregenzer Meisterkonzerten. Udo Mittelberger

Die Pianistin Shani Diluka ließ bei ihrem Meisterkonzerte-Debüt einiges an Wünschen offen.

Fritz Jurmann

BREGENZ Die Form des Klavierabends hat sich bei den Meisterkonzerten seit Längerem bewährt, auch wenn ein Pianist, eine Pianistin einen Abend lang allein und etwas verloren am großen, schwarzen Ungetüm von Flügel auf der beleuchtungstechnisch verkleinerten Vorbühne des Festspielhauses sitzt.

Größen wie Gregory Sokolov oder Hélène Grimaud machten daraus auf das Wesentliche konzentrierte Preziosen höchstklassiger, viel bejubelter Klavierkunst. Bei solcher Meisterklasse konnte Shani Diluka nicht mithalten, eine aus Sri Lanka stammende, 47-jährige französische Pianistin, die bereits ab 2015 mehrfach bei der Schubertiade aufgetreten ist und nun am Freitag bei den Meisterkonzerten debütierte. Zu groß waren ihre pianistischen Unzulänglichkeiten, auch wenn der volle Saal darüber wohlgesonnen und höflich hinwegsah und sich wohl eher an den Finessen des Programms als an dessen Wiedergabe ergötzte.

Der Einstieg gelingt Diluka auch recht gut und lässt mit einer Auswahl von nordisch kargen lyrischen Stücken von Edvard Grieg einen verheißungsvollen Abend erwarten.
Der Einstieg gelingt Diluka auch recht gut und lässt mit einer Auswahl von nordisch kargen lyrischen Stücken von Edvard Grieg einen verheißungsvollen Abend erwarten.

„Beetween Heaven and Earth“, „Zwischen Himmel und Erde“ wollte man einen großen Bogen über diesen Konzertabend spannen. Der Einstieg gelingt Diluka auch recht gut und lässt mit einer Auswahl von nordisch kargen lyrischen Stücken von Edvard Grieg einen verheißungsvollen Abend erwarten. Das berühmte „Til varen“, „An den Frühling“, kündet vom baldigen Lenz, Kobolde und Trolle aus der nordischen Mythenwelt bieten drollig bewegte Bilder. Die Enttäuschung folgt mit Beethovens „Pathétique“, dem ersten wirklichen Prüfstein, diesem Koloss an Schwermut und Entsagung. Der Komponist stellt sich nach dem Anfangsthema im „Con brio“ in einer Art Wutanfall der schicksalshaften Einleitung entgegen, wie Bettina Barnay-Walser das in ihrer spannenden Einführung angekündigt hat. Doch da ist bei Diluka herzlich wenig zu spüren von glühender Leidenschaft und seelischem Tiefgang, alles bleibt in einem belanglosen Mittelmaß. Außerdem klingt der Steinway seltsam matt, was nicht dem Instrument anzulasten ist, im Rondo Allegro machen sich zudem erste technische Probleme der Pianistin bemerkbar.

Es dauert etwas, bis sich die Künstlerin wieder erfangen hat und die beiden Schubertlieder in den Liszt-Bearbeitungen routiniert zu Ende bringt.
Es dauert etwas, bis sich die Künstlerin wieder erfangen hat und die beiden Schubertlieder in den Liszt-Bearbeitungen routiniert zu Ende bringt.

Dann, nach der Pause, während Einzelne bereits die Flucht ergriffen haben, die Schrecksekunde des Abends: Shani Diluka vergreift sich in der Einleitung zu Schuberts „Ständchen“, die jede am Klavier dilettierende höhere Tochter mit links bezwingt. Es dauert etwas, bis sich die Künstlerin wieder erfangen hat und die beiden Schubertlieder in den Liszt-Bearbeitungen routiniert zu Ende bringt. Auch die brillant perlenden Wasserspiele in der Villa d’Este aus Liszts Pilgerjahren erhalten bei ihr leuchtenden Glanz. In Beethovens mit Spannung erwarteter „Mondscheinsonate“ cis-Moll dagegen krankt der berühmte Kopfsatz zwar im richtigen Puls doch an der fehlenden Spannung und fantasievollen Ausgestaltung des sanglichen Themas, so wirkt das Ganze etwas fad. Eindeutig überfordert aber ist Diluka mit der herausfordernden Virtuosität des dritten Satzes, täuscht Temperament vor, wo Treffsicherheit gefragt wäre und zu viele Wünsche offenbleiben. Beethovens Genius aber bleibt angesichts des Ringens um das vordergründig Handwerkliche irgendwo, weit weg.  

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.

Die im Motto des Abends versprochene „Himmelfahrt“ findet also nicht statt, die Musik bleibt letztlich erdenschwer am Boden. Klebrig. Daran ändern auch die beiden Zugaben nichts, Debussys „Claire de lune“ und De Fallas „Feuertanz“.     

4. Bregenzer Meisterkonzert, 10. Februar, 19.30 Uhr, Festspielhaus: Bearbeitungen und Komposition von Richard Dünser (Klangforum Wien mit Solisten)