Humor, Melancholie und überraschende Wendungen

Josef Hader über seinen neuen Film „Andrea lässt sich scheiden“.
Josef Haders neuester Film „Andrea lässt sich scheiden“ feierte am 18. Februar seine Weltpremiere bei der Berlinale. Hader charakterisiert seinen Film als eine Mischung aus Humor und Melancholie, die sich um traurige, betrunkene Männer und eine Frau mit einem Plan dreht. In einer Kritik heißt es: „Famos schrullige Figuren. Situationskomik vom Feinsten. Pointenreiche Dialoge. Schuld und Sühne in Niederösterreich. Gut. Besser. Hader.“

In „Andrea lässt sich scheiden“ spielen Sie nicht nur eine Rolle, sondern sind auch kreativ involviert. Wie unterscheidet sich Ihre Herangehensweise an einen Charakter, wenn Sie auch am Drehbuch mitwirken?
Am Anfang sollte die Herangehensweise die gleiche sein: Man bemüht sich, eine möglichst gute Geschichte zu schreiben und denkt nicht an einzelne Rollen. Später hat man beim Schreiben dann immer mehr Schauspieler und Schauspielerinnen im Kopf, die man besetzen möchte, auch sich selbst, das hilft einem, die Figuren auf dem Papier plastischer werden zu lassen.
Was war die Inspiration für „Andrea lässt sich scheiden“, und wie hat sich die Idee im Laufe der Zeit entwickelt?
Der erste Gedanke war, nach dem Film über die seltsamen Stadtmenschen in „Wilde Maus“ einen Film über die seltsamen Landmenschen zu machen. Da kommt man dann recht schnell zur Hauptfigur: eine starke Frau, die sich gegen die Männerwirtschaft auf dem Land durchsetzen muss. Ab da war die Birgit in meinem Kopf beim Schreiben.

Sie arbeiten im Film mit Birgit Minichmayr und Thomas Stipsits zusammen. Wie war die Dynamik am Set, und wie haben diese Schauspieler zur Entwicklung ihrer Charaktere beigetragen?
Das sind beide nicht nur glänzende Schauspieler, sondern auch kreative Köpfe, die mir gute Sachen zum Drehbuch gesagt haben. Viele ihrer Ideen finden sich im Film wieder. Ich finde, das Drehbuch soll nur eine Vorlage sein, am Ende ist im Film das, was alle dazu beigetragen haben. Und das ist dann immer viel mehr, als im Drehbuch gestanden ist.

Andrea möchte sich von den Männern in ihrem Leben unabhängig machen. Welchen Herausforderungen muss sich die Figur Andrea stellen?
Am Land brauchen Frauen, die ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen, noch immer eine spezielle Strategie, die sie sich ausdenken müssen. Andrea möchte eine korrekte Polizistin sein, die die Einheimischen genauso bestraft wie die Auswärtigen, sie will einen schwierigen und geraden Weg gehen. Aber die vielen Nadelstiche, denen sie ausgesetzt ist, werden ihr zu viel. Es sind oft gar keine absichtlichen Bosheiten, die Männer im Film sagen halt viele unbedachte Dinge oder machen Witze, die kleine Gemeinheiten enthalten. Deswegen will sie weg, und dafür ist ihr im Film eine Zeit lang jedes Mittel recht.
![ABD0190_20230423 – WEIMAR – DEUTSCHLAND: 23.04.2023, Thringen, Weimar: Die sterreichische Schauspielerin Birgit Minichmayr (r) spricht nach der Verleihung des Shakespeare-Preises durch die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft. Die Auszeichnung wird erstmals vergeben und soll knftig alle zwei Jahre an Persnlichkeiten des ffentlichen Lebens gehen, die sich um das Werk Shakespeares und dessen Verbreitung in besonderer Weise verdient gemacht […]](/2024/02/ABD0190-20230423-1-768x512.jpg)
Ihre Werke balancieren oft gekonnt zwischen Humor und Ernsthaftigkeit. Wie haben Sie diesen Balanceakt in „Andrea lässt sich scheiden“ umgesetzt?
Das sind viele Schritte, vom Drehbuch, wo man sich etwas ausdenkt, bis zum Schnitt, wo man dieses Miteinander von Komik und Tragik noch einmal neu gewichten kann. Aber wirklich gescheiter ist man dann erst am Schluss, wenn der Film zum Publikum kommt. Dann weiß man erst, wie die Mischung wirklich geworden ist.

Inwiefern spielt die Landschaft Niederösterreichs – mit ihren endlosen Rübenfeldern und dem weiten Horizont – eine Rolle für die Stimmung und die Entwicklung der Geschichte?
Ich wollte absichtlich kein typisches Österreich mit Bergen und geschnitzten Holzbalkonen zeigen, sondern ein Österreich, dass auch ein bissl nach Nebraska aussieht. Weil diese Geschichte überall passieren könnte, wo wirtschaftlich abgehängte Gegenden sind. Provinz ist etwas ziemlich Internationales.
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Vorarlberg unterscheidet sich – zumindest landschaftlich – komplett von Niederösterreich, könnte der Film aber auch im Ländle spielen?
Sicher, man müsste halt die ostösterreichische Lakonie durch einen alemannischen, trockenen Humor ersetzen. Das liegt gar nicht so weit auseinander, wie viele glauben.
Wann sieht man Josef Hader wieder als Kabarettist in Vorarlberg?
Am 11. April bin ich in Dornbirn, da ist leider schon ausverkauft, aber ich komm’ sicher wieder!