„Ma müsst a fescht heba, wo sich alle fescht heban”

Kultur / 23.04.2024 • 13:25 Uhr
Nnella
Nnella präsentiert ihre neue CD am 3. Mai in der Kammgarn Hard. Alexander Au Yeong

“Close To A Reality” heißt die neue CD der Vorarlberger Sängerin Nnella.

Berlin Die in Berlin lebende Vorarlberger Sängerin Nnella hat vor kurzem ihre brandneue CD veröffentlicht. Im Rahmen ihrer Releasetour wird sie mit ihrer Band am 3. Mai in der Kammgarn in Hard auftreten.

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Nnellas neue CD trägt den Titel “Close to a Reality”. Alexander Au Yeong

In „Close To A Reality“ mischen Sie Englisch und Vorarlberger Dialekt. Was bedeutet diese sprachliche Vielfalt für Sie persönlich und wie beeinflusst sie den kreativen Prozess und die Musik selbst?

Nnella: Ich schreibe gerne in der Sprache, in der mir die Ideen kommen. Meistens ist das Englisch, manchmal Hochdeutsch oder Vorarlberger Dialekt. Wenn ich auf Englisch schreibe, habe ich oft das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Auf Deutsch und vor allem im Dialekt ist es dagegen viel näher und persönlicher. 
Was mich am Schreiben im Dialekt besonders fasziniert, ist, dass es vergleichsweise noch sehr wenig Popmusik in dieser Sprache gibt – und es noch viel zu entdecken gibt. Die Sprachmelodie ist definitiv anders als im Hochdeutschen und es sind auch andere Wortspiele möglich, wie z.B. im Song „Hin & Weg (Teil 2)“ der Satz „Ma müsst a fescht heba, wo sich alle fescht heban“.

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Ihr Album behandelt wichtige aktuelle Themen wie psychische Gesundheit, Klimapolitik und Feminismus.

Ich schreibe normalerweise nicht mit der Absicht, meinen Hörern eine bestimmte Botschaft zu vermitteln. Es ist eher so, dass mich bestimmte Themen beschäftigen, die dann quasi automatisch in die Lyrics einfließen. „Hin & Weg“ handelt vom Zustand der Entfremdung und davon, dass wir als Menschen soziale Wesen sind und einander brauchen, um uns selbst zu erfahren, uns selbst zu spüren. Ein anderer Song, der für mich auch eine wichtige Message hat, ist “Who Is Gonna Hold You?“, eine Art Erinnerung daran, dass wir als ‚kleine‘ Menschen die Verantwortung haben, die Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft darauf aufmerksam zu machen, Entscheidungen zu treffen, die gut für uns und unsere Erde sind.

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Nnella: “Ich spreche gerne Dinge an, die nicht nur angenehm sind, die vielleicht sogar ein bisschen weh tun”. Alexander Au Yeong

Ihr musikalischer Stil hat sich von den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Inwiefern haben Ihre musikalischen Einflüsse und Ihr Jazz-Studium zu dieser Entwicklung beigetragen?

Künstlerinnen, die mich in den letzten Jahren fasziniert haben, waren unter anderem Ani Di Franco, Sophie Hunger, Feist und Kat Frankie. Alles Frauen, die nicht nur ihre eigene Musik schreiben, sondern sie auch selbst produzieren. Für das zweite Album habe ich dann auch den Schritt gewagt, mich ein bisschen in diese Welt zu begeben und die Demos der Songs selbst zu produzieren. Ich habe zum Beispiel Geräusche aufgenommen, verfremdet und dann als Percussion-Loop verwendet. Darauf habe ich dann Gitarre, Bass, Gesang und teilweise auch Streicher komponiert und aufgenommen. Das Ganze habe ich dann mit meiner Band und dem Produzenten Tobias Wöhrer ausgearbeitet.


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Nnella: “Und am schönsten ist es, wenn das Ganze mit Humor geschieht”. Alexander Au Yeong

Wie finden Sie die Balance zwischen Ironie, Humor und ernsteren Themen in Ihren Texten und Melodien?

Das ist schwer zu sagen. Aber ja, ich spreche gerne Dinge an, die nicht nur angenehm sind, die vielleicht sogar ein bisschen weh tun, weil sie wichtig sind. Und am schönsten ist es, wenn das Ganze mit Humor geschieht, so dass man zwischendurch trotzdem schmunzeln muss, weil man sich ertappt fühlt oder es einfach eine gewisse komische Absurdität bekommt. Der Song, der mich persönlich beim Schreiben am meisten zum Schmunzeln gebracht hat, ist sicherlich „Holy Mary“. Der Text ist eine Ansammlung von zum Teil sehr absurden Gedanken, die viele Frauen kennen, wenn es um das Thema „(nicht) schwanger werden wollen“ geht.