Ein kritischer Geist blickt zurück

Dirigent Guntram Simma feiert seinen 75. Geburtstag mit einem Familienkonzert wie damals.
DORNBIRN Als Musikschuldirektor, Pädagoge, vor allem aber als Gründer und langjähriger erfolgreicher Dirigent des Jugendsinfonieorchesters Dornbirn, seiner im Volksmund nach ihm benannten „Simmaphoniker“, hat Guntram Simma ein Stück Musikgeschichte im Land geschrieben. Mit seiner Meinung hat er als musikalischer Ratgeber und Kritiker im Land nie hinter dem Berg gehalten, ist auch nach seiner Pensionierung 2014 das unbequeme schlechte Gewissen im Musikleben des Landes geblieben. Ein Mann vom künstlerischen Format und der Erfahrung Simmas will auch seinen kürzlichen 75. Geburtstag nicht ohne ein deutliches musikalisches Ausrufezeichen passieren lassen. Mit einem seiner traditionellen Familienkonzerte „wie damals“ erinnert er am Sonntag 10.30 Uhr im Kulturhaus in einem nostalgisch-selbstbewussten Rückblick an große Zeiten. Die Saat ist aufgegangen: In seinem Collegium Instrumentale spielen heute viele der Youngsters von damals als Erwachsene mit.

Wie kam es zu dieser Idee mit dem wiedererweckten Familienkonzert?
SIMMA Viele meiner Musiker spielen seit Jahrzehnten mit mir zusammen. Dadurch sind wir zu einer großen familiären Gemeinschaft geworden, in der mittlerweile auch schon Kinder von einigen Mitgliedern mitspielen. Mit allen zusammen wollte ich meinen 75. Geburtstag feiern.
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Welche Erinnerungen werden da bei Ihnen geweckt?
SIMMA Unsere Zusammenarbeit reicht bis ins Jahr 1981 zurück, als das Jugendsinfonieorchester Dornbirn in Leoben den 1. Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ gewann. Von da an wurden wir von der „Jeunesse Österreich“ regelmäßig zu Konzertreisen im In- und Ausland eingeladen, weil unsere speziellen Programme für Kinder und Familien immer sehr gelungen und erfolgreich waren. Grundidee der Programme war es, die Zuhörenden in verschiedensten Möglichkeiten wie Singen, Klatschen, Tanzen, Improvisieren und Dirigieren in das musikalische Geschehen einzubinden, und genau das möchten wir auch diesmal tun. Unter dem Motto „Ein Orchester stellt sich vor“ werden die einzelnen Register, die jungen Solisten zum Leben erweckt, muss das Publikum die Titel von Musikstücken erraten, wird gezeigt, wie ein zeitgenössisches Stück erarbeitet wird. Den Höhepunkt bildet „Die Moldau“ von Smetana mit einer Einführung des Dirigenten.
Wie weit haben Sie damals bei Ihren Programmen Rücksicht genommen auf die Möglichkeiten eines Jugendorchesters?

SIMMA Ich habe auf berühmte Werke zurückgegriffen, die zur Gänze für Kinder komponiert wurden. Die bekanntesten sind „Der Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens, „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofiev, „Babar der kleine Elefant“ von Francis Poulenc, „Der Bär“ von Tristan Schulze oder „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Diese Märchen wurden von bekannten Schauspielern wie Karl Markovics, Wolfgang Böck und Erik Schleyer erzählt, was für das Publikum und das Orchester äußerst intensive Aufführungen ergab.

Seither hat die Programmierung solcher Konzerte auch außerhalb Vorarlbergs eine andere Entwicklung genommen?
SIMMA Dass Jugendorchester heute immer mehr Filmmusik, Blasmusikbearbeitungen oder erleichterte Versionen bekannter Stücke spielen, kann ich nicht verstehen. Junge Leute müssen doch zur klassischen Musik geführt werden, was für Jugendliche eine wunderbare Herausforderung ist, der sie sich gerne stellen. Auch Vorspielstunden nur noch mit Unterhaltungsmusik und englischen Titeln sind für mich nicht zielführend. Wir haben unsere Erfolge im Jugendorchester jedenfalls nur mit klassischer Musik erreicht. Dabei wurde auch die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik gesucht, was zu über 40 Kompositionsaufträgen und Uraufführungen auch von Vorarlberger Komponisten führte.

Lassen sich Ihre Erfolge mit dem Jugendsinfonieorchester Dornbirn in Zahlen fassen?
SIMMA Insgesamt hat das Orchester damals 45 Reisen durch ganz Europa gemacht, davon siebenmal nach Spanien, dreimal Griechenland und 15 Tourneen durch Österreich. Einen großen Anteil am Bekanntheitsgrad des jungen Orchesters hatte auch der ORF Studio Vorarlberg mit dem Filmprojekt „Die Simmaphoniker“ und mehreren CD-Editionen.
FRITZ JURMANN
Familienkonzert
26. Mai, 10.30 Uhr
Dornbirn Kulturhaus
Karten: Dornbirn Tourismus, 0 55 72 / 22 188, events-vorarlberg.at
ZUR PERSON
Guntram Simma
GEBOREN 25. Februar 1949 in Bregenz
AUSBILDUNG Schulmusik in Innsbruck und Wien, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte Uni Innsbruck
TÄTIGKEIT 1974 – 2014 Direktor der Musikschule Dornbirn, Gründung und Leitung des Jugendsinfonieorchesters Dornbirn, Leiter verschiedener Chöre im Land und des Collegium Instrumentale
AUSZEICHNUNGEN 1988 Ehrengabe, 2014 Großes Ehrenzeichen des Landes, 2000 Berufstitel Professor
FAMILIE verheiratet, drei Kinder