Gerald Matt

Kommentar

Gerald Matt

Kampf dem Antisemitismus

Kultur / 26.05.2024 • 13:07 Uhr

Studenten jagen ihre jüdischen Mitstudenten über den Campus. Rufen ihnen zu, nach Polen („Auschwitz“) zu verschwinden, loben die Hamas, weil sie Juden töten und Israel vernichten will, blöken die Vernichtungsparole gegen Israel: “From River to the sea” nach, und versammeln sie sich zu Betgruppen auf dem Campus der Columbia Universität, um Allah im Kampf gegen die Juden an Bord zu holen.

Was in Amerika eskaliert, beginnt auch in Deutschland und Österreich seit geraumer Zeit zu grassieren. Auch an unseren Universitäten artikulieren linke und muslimische Studenten ihren Hass auf alles Jüdische. In Hamburg fordern Demonstranten gar ein Kalifat, einen totalitären Gottesstaat für Deutschland und ein Ende des (westlich aufgeklärten) Werteterrors, der ihre Demonstration erst möglich macht. Erinnert sei an das Kalifat des islamischen Staates, das in Mord, Vergewaltigung, Sklaverei und Zerstörung endete und nur durch entschlossene Anwendung von Gewalt gestoppt werden konnte.

Was in Amerika eskaliert, beginnt auch in Deutschland und Österreich seit geraumer Zeit zu grassieren.

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Nicht besser steht es in der Kulturszene, deren Freiheit in den letzten Jahren zunehmend durch woke Zensur, Denunziation, Andersdenkender, identitätspolitischer Ausgrenzung sowie postkolonialem Flagellantentum gefährdet wurde. Monster mit Davidstern, jüdische Klischees im Stil des Nazi-Blattes „Stürmer“ auf der Documenta oder die Forderung nach Ausschluss Israels und israelischer Künstler von der Biennale oder dem European Song Contest sind traurige Folge dieses Antisemitismus. Das hat nichts mit der berechtigten Kritik an Politik und Kriegsführung Netanyahus zu tun, auf dem Spiel steht das Existenzrecht Israels und die Sicherheit jüdischer Mitbürgerinnen weltweit.

Dass die Wiener Festwochen im luxuriös bourgeoisen Ambiente des Hotel Imperial ihre Protagonisten mit an Terroristen-Outfits erinnernden Masken Platituden wie „wir Schulden der Welt eine Revolution“ von sich geben und ihre an totalitäre Räterepubliksromantik erinnernde „Freie Republik“ als Alternative, zu dem sie großzügig alimentierenden demokratischen Gemeinwesen präsentieren, ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Wenn das Festival aber Feinde Israels wie Griechenlands Ex Minister Varoufakis oder die Schriftstellerin Ernaux um Beiträge bittet – der eine erhielt wegen seiner antisemitischen Polemiken Einreiseverbot in die BRD, die andere unterstützt die BDS-Bewegung, die im Sinne der NS-Hetze „Kauft nicht bei Juden“ den politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Boykott Israels fordert – reizt das wohl weniger zum Lachen. Ins Bild passt da auch die neue Leiterin des MUMOK, die sich bis heute nicht entschließen konnte, ihre Unterschrift von einem Pamphlet im „Artforum“ zurückzuziehen, dass Israel unter zynischer Umdeutung des Begriffes Genozid vorwirft und die Ermordung Unschuldiger durch die Hamas nicht einmal erwähnt. Es ist an der Zeit, dass die Zivilgesellschaft und der demokratische Rechtsstaat sich gegen Antisemitismus, Verhetzung und Umsturzaufrufe gegen massive Angriffe auf seine Werte, mit aller Entschiedenheit, zur Wehr setzt.

Gerald Matt

gerald.matt@vn.at

Dr. Gerald Matt ist Kulturmanager und unterrichtet an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.