Bär bläst makellos, Natter orgelt grandios

Kultur / 11.06.2024 • 15:12 Uhr
Natter Bär
Unter dem Motto “Barocke Pracht en suite” kam das Publikum in den Genuss eines außergewöhnlichen Konzertes. Maria Natter

Fantastischer Auftritt eines neuen Duos in Rankweil.

Rankweil Unter dem Titel „Barocke Pracht en suite“ kam das Publikum in der gutgefüllten Rankweiler Basilika am letzten Sonntag in den Genuss eines exzeptionellen Konzertes. Ursprünglich hätte der renommierte Trompeter Jürgen Ellensohn auftreten sollen, der absagen musste. Dass Bernhard Bär eingesprungen ist, jahrelang Solotrompeter beim Brucknerorchester und Professor an der Linzer Musikuniversität und jetzt wieder in Vorarlberg freischaffend tätig, erwies sich als ausgesprochener Glücksfall. Und für Jürgen Natter, den Ausnahmeorganisten und genialen Improvisator, der auch als Dirigent, Chorleiter und Organisator eine fixe Größe im Vorarlberger Musikleben war, wurde der Abend nach vierjähriger Auftrittspause zu einem großartigen Comeback.

Natter Bär
Berhard Bär und Jürgen Natter. Maria Natter

Wem das Wetter und die Weltlage aufs Gemüt drückten, der war schon nach den ersten kraftvollen Tönen wie neugeboren. In Telemanns „Vier heroischen Märschen“ überzeugten der volle, runde, bis in die Spitzentöne makellose Klang von Bärs Piccolotrompete ebenso wie Natters schwungvolles, klar akzentuiertes Spiel und fantasievolle Registrierung (er registrierte alles selbst). Besonders gelungen „Die Liebe“: Bär griff zum tieferen Flügelhorn, die Orgel formte mit dem schnarrenden Krummhorn einen humoristischen Kontrast. Wundersam tröstlich und beseelt dann Bachs Choralvorspiel „Schmücke dich, o liebe Seele“, bei dem der Organist mit abwechslungsreich registrierten konzertierenden Mittelstimmen und dem durchgehenden Puls des Pedals das Publikum geradezu in Trance versetzte. In Bachs „Jesus bleibet meine Freude“ verschmolzen die weichen Trompetenlinien mit der lebhaft verspielten Orgelbegleitung zu einem einzigen harmonischen Fluss.

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Dann der Sprung in die unmittelbare Gegenwart: Natter improvisiert. Wie aus dem Nichts erklingt ein oktavierter Ton, ein absteigendes Motiv mit Triole folgt, wird durch verschiedene Register getrieben, steigert sich rhythmisch in schrille, groteske Höhen bis zu einem hohen Klingeln. In den Bässen rumort es, dann geht die Improvisation übergangslos in Kamilló Lendvays (1928–2016) „Variazioni con tema“ für Trompete und Orgel über. Der ungarische Komponist ist hierzulande kaum bekannt, im Einführungsgespräch mit Anselm Hartmann hatte man erfahren, dass auch die Noten im Handel nicht (mehr) erhältlich sind.

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Es ist dies ein hochvirtuoses, zerrissenes Stück, mit rasend schnellen, furiosen Passagen, das besonders der Trompete alles abverlangt, nicht zuletzt einen schier unendlichen Atem. Wahrhaft meisterlich dann Natters zweite Improvisation: nach einer volltönenden Introduktion türmen sich Klangmassen wie riesige Felsmassen auf, schräge Klänge grätschen hinein, dann braut sich etwas Bedrohliches zusammen, bis das Ende unmittelbar in eine von Edward Tarr arrangierte Suite aus Händels Wassermusik und damit in vertraute Barockgewässer einmündet. Der begeisterte, langanhaltende Applaus wurde mit Eric Saties humorvollem Stück  «La statue retrouvée» belohnt.   

Ulrike Längle