Dieser Tannhäuser bleibt für die Ewigkeit

15 Minuten Standing Ovations für den Sängerkrieg.
Bayreuth Was für eine beeindruckende Eröffnungsshow der Olympischen Spiele in Paris. Kunst, Kultur und Sport vereint in einem grandiosen Spektakel. Auch Richard Wagner, wenn auch kein Sportler, hätte wohl seine Freude daran gehabt. Ganz sicher aber hätte er seine helle Freude an der grandiosen Inszenierung des “Tannhäuser” in Bayreuth.

Während die düstere „Tristan“-Inszenierung zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele nur verhaltenen Applaus erntete, schlug die Stimmung einen Tag später um. Die Wiederaufnahme von Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ wurde am Freitagabend bei den Festspielen mit einem wahren Jubelsturm gefeiert. Etwa 20 Minuten lang gab es begeistertes Klatschen, Trampeln und stehende Ovationen. Die wenigen Buhs für das Regieteam um Tobias Kratzer wurden von Jubel und Bravo-Rufen übertönt. Kratzer hatte die Inszenierung noch einmal überarbeitet und mit aktuellen Elementen versehen. Bereits im vierten Jahr erzählt die bunte Geschichte eines Clowns und Opernsängers, der sich vom Venusberg lossagt, als radikales Performancekollektiv. Dieses Kollektiv nimmt Wagners Schrift “Die Kunst und die Revolution” wörtlich und steht im Gegensatz zum gesellschaftskonformen Bayreuther Festspielhaus, der Wartburg, in die der Clown vergeblich zurückzukehren versucht.

Zu Beginn überwiegt die Trauer: In einem Einspieler erinnert Kratzer an Stephen Gould, der die Titelrolle bis 2023 sang, bevor er krankheitsbedingt von Klaus Florian Vogt abgelöst wurde. Gould, der fast 20 Jahre lang auf dem Grünen Hügel auftrat, starb im September letzten Jahres an Krebs, nur wenige Wochen nachdem er seine Teilnahme krankheitsbedingt absagen musste. Das Publikum reagierte mit großem Applaus.

Der Tenor Klaus Florian Vogt erreichte zwar nicht ganz dessen Stimmgewalt und Emotionalität, wurde aber zu Recht frenetisch gefeiert. Seine Interpretation der Rom-Erzählung ist markant, leidenschaftlich rau und ungestüm, er führt das tragische Ende auf erschütternde Weise herbei. Er gestaltet seine Partie nie kraftmeierisch, sondern selbstbewusst und mühelos. Das ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass ihm mit Markus Eiche ein umwerfender Wolfram von Eschenbach mit zartschmelzendem Bariton gegenübersteht. Sein Lied an den Abendstern ist so unendlich traurig und zauberhaft inszeniert, dass man Gänsehaut bekommt.

Elisabeth Teige meistert ihre Rolle als Elisabeth mit Bravour. Mit ihrer warmen, präsenten Stimme und ihrer unglaublichen Spielfreude überzeugt sie vollends. Günther Groissböck beeindruckt mit seinem volltönenden Bassbariton.
Auch die kleineren Partien genügen höchsten Ansprüchen. Siyabonga Maqungo fasziniert als präsenter Walther von der Vogelweide, Olafur Sigurdarson überzeugt als Biterolf, Martin glänzt als Heinrich der Schreiber und Jens-Erik Aasbo beeindruckt als Reinmar von Zweter. Besonders hervorzuheben ist auch Florian Stucki, der als Junger Hirt mit glasklarer Stimme begeistert.

Nathalie Stutzmann, nach Oksana Lyniv 2021 erst die zweite Frau am Dirigentenpult in der fast 150-jährigen Geschichte der Festspiele, beeindruckte auch in diesem Jahr mit ihrer Leistung. Die 59-jährige Französin meisterte die besondere Akustik des Festspielhauses erneut souverän. Ihr Dirigat ist umsichtig, manchmal vorsichtig, aber meist präzise und sehr einfühlsam und führt Sänger und Orchester sicher durch den Abend. Der Festspielchor unter der Leitung von Eberhard Friedrich begeisterte durch seine dynamische Feinzeichnung, die vom fast unhörbaren Piano bis zu kraftvollen Forte-Ausbrüchen reichte.