Im Wendekreis der Katze

Kultur / 26.10.2024 • 13:24 Uhr
Die Katze Elenore
Maria Fliri spielt ihre Katz-Werdung mit allen Nauncen der Schauspielkust aus. Unpop/Caro Stark

Dem Ensemble UNPOP gelingt mit „Die Katze Eleonore“ ein kurzweiliges Statement zum Zeitgeist.

Bregenz Der Namen Eleonore wird oft mit „anders“ oder „fremd“ gedeutet. Insofern hat die Autorin des Stücks, Caren Jeß, schon mal alles richtig gemacht. Kein Wunder also, dass „Die Katze Eleonore“ zum Siegerstück beim Mülheimer Dramatikpreis 2023 gekürt wurde. Das hat jetzt aber vermutlich weniger mit der Namensgebung der Protagonistin zu tun, sondern ist dann schon eher dem Umstand geschuldet, dass es einfach ein hervorragendes Werk ist. Daher kann man dem Ensemble UNPOP nur zu dem gelungenen Coup gratulieren, die österreichische Erstaufführung des Stücks im Bregenzer Theater Kosmos aufführen zu dürfen – es ist eine Win-win-Situation.

Die Katze Elenore
Das Bühnenbild von Caro Starkt weckt Erinnerungen an einen Kratzbaum. Unpop/Caro Stark

Immobilienmaklerin Eleonore ist finanziell unabhängig und alleinstehend. An einem Abend im September wird ihr bewusst, dass sie eigentlich eine Katze ist. Sie legt sich nicht nur im übertragenen Sinne ein Fell zu, kündigt ihren Job, reduziert den Kontakt zu Menschen auf ein Minimum und geht nachts auf Mäusejagd. Der offensichtlich von Eleonore und ihrer Verwandlung beinahe schon erotisch faszinierte Gesprächstherapeut Dr. Wildbruch wird über unbeantwortete Sprachnachrichten auf dem Anrufbeantworter eingespielt. Auch die wenigen Telefonate mit der Leitung des Heims, in welchem ihre Mutter unterbracht ist, sind für Eleonore noch die letzten Ankerpunkte zur Außenwelt. Es ist ein freiwilliger Ausstieg aus der Gesellschaft und ein großes Ja zur radikalen Selbstbestimmung.

Die Katze Elenore
Fliri spielt die Immobilienmaklerin, die zur Katze wird, überaus authentisch.

Unter der Regie von Stephan Kasimir hat Schauspielerin Maria Fliri viel zu tun. Sie miaut, faucht und schnurrt sich durch diesen Metamorphose-Monolog, um am Ende aus dem Garten heraus dem eigenen Menschsein Adieu zu winken. Sie spielt die Rolle mit derartiger Leidenschaft, dass man ihr, nachdem der Vorhang gefallen ist, gerne einen ganzen Karton Katzen-Nassfutter der Marke Whiskas überreichen würde.

Die Katze Elenore
Der Garten wirkt wie fantastische Welt. Unpop/Caro Stark

Das Bühnenbild von Caro Stark gibt nicht nur optisch einiges her – es ist zudem funktional. Fliri bewegt sich als Eleonore vorsichtig schleichend, dann wieder sprunghaft und teils auf allen Vieren in einer Kratzbaum-Landschaft (mit Katzentüre in den Garten), welche ihr die räumlichen Möglichkeiten bietet, die physischen Herausforderungen der Rolle kompromisslos auszuleben. Das Lichtdesign von Matthias Zuggal unterstützt zudem die Intensität des Stücks.
Den tosenden Applaus des Premieren-Publikums haben sich alle Beteiligten redlich verdient.

Die Katze Elenore
Die Katze läßt das Mausen nicht. Unpop/Caro Stark

In Zeiten der Globalisierung, sozialen Netzwerken, dem Hickhack ums biologische Geschlecht, Lifestyle, Konsumzwang sowie allerlei Erwartungshaltungen ans Individuum stellt „Die Katze Eleonore“ die richtigen Fragen, ohne explizit Antworten zu liefern. Die darf sich dann schon jeder ohne Zwang in seiner eigenen Interpretation und innerhalb seines eigenen Wertekompasses selbst geben.

Die Katze Elenore
Die Verwandlung ist vollzogen. Unpop/Caro Stark

Ist es das stärkste Stück, das UNPOP jemals auf die Vorarlberger Bühnen brachte? Das vielleicht nicht. Aber es ist das richtige Stück zur richtigen Zeit, und man kann 70 Minuten kaum besser investieren. Nicht mal mit dem Streicheln eines Katzenbabys, und das will etwas heißen.

Weitere Vorstellungen im Theater Kosmos, Bregenz: 29. 10., 20 Uhr; 30. 10., 20 Uhr; 31. 10., 20 Uhr; 2. 11., 20 Uhr; 3. 11., 17 Uhr; Karten unter www.unpop.at/karten