Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Möggers – aller Ehren wert

Kultur / 08.11.2024 • 08:58 Uhr

Ich geb schon zu, als Ankündigung kommt dieser Text ziemlich spät, denn bereits heute ist die letzte Aufführung. Aber ich konnte leider erst vergangenen Sonntag eine Vorstellung der Heimatbühne Möggers besuchen. Man kann annehmen, dass ich mir den Weg auf den Pfänderrücken nicht angetan hätte, wenn ich nicht geglaubt hätte, dass ich hier etwas Besonderes geboten bekomme. Außergewöhnlich sind schon die Umstände. Möggers hat etwa 560 Einwohner, seit 1981 ist die Bevölkerung um nahezu 40 Prozent gestiegen. Das muss wohl einen Grund haben. Vielleicht liegt das an den zehn Vereinen, die es in Möggers gibt, darunter so unterschiedlich wie der Kunsthistorische Verein oder der Motocrossclub, die Singgemeinschaft oder der Sportclub. Und dann gibt es auch noch die Heimatbühne, die aber gar nicht so heimatliche Themen auf die Bühne bringt. Es gibt im Land viele Laiengruppen, viele begnügen sich mit bäuerlichen Schenkelklopfern, andere versuchen sich an anspruchsvolleren Themen. So die Heimatbühne Möggers, die vor gut dreißig Jahren gegründet wurde und inzwischen ebenso viele Stücke auf die Bühne gebracht hat.

„Zur falschen Zeit“ ist der Titel des Stücks, das vom Verein bei der Autorin Claudia Lang-Forcher, die bereits früher für die Heimatbühne Möggers ein Stück über die „Schwabenkinder“ geschrieben hatte, in Auftrag gegeben wurde. Es geht um den Hörbranzer Josef Anton King, der drei Tage vor Ankunft der amerikanischen Befreiungstruppen im Konzentrationslager Mauthausen erschossen wurde. Der Bauernbub war hochbegabt, wurde – in der Hoffnung auf Priesternachwuchs – ins Knabenkonvikt Paulinum in Schwaz geschickt, beendete das Gymnasium nach 1938 aber in Bregenz. Er war nicht nur ein hervorragender Schüler, er interessierte sich auch für Radiotechnik und Fremdsprachen, Russisch, Neugriechisch, Italienisch und andere slawische Sprachen erlernte er durch Radiohören. Diese Kenntnisse wurden ihm im Nationalsozialismus zum Verhängnis. Von der Gestapo gezwungen, wurde er als Übersetzer bei Verhören mit Zwangsarbeitern eingesetzt. Er aber versuchte durch Beschönigen der Aussagen zu helfen, wurde schließlich verhaftet und im Jänner 1945 ins Konzentrationslager Mauthausen eingeliefert.

Die Spieler aus Möggers brachten die furchtbare Geschichte nicht voller Mitleid, sondern nah, so, wie es vielleicht gewesen sein könnte, auf die Bühne.

Walter Fink

Die Verantwortlichen der Heimatbühne und die Autorin waren klug genug, sich den Historiker Meinrad Pichler, der die wichtigsten Aufsätze über Josef Anton King geschrieben hatte, als Berater zu holen. Das Ergebnis: Eine berührende, auf Tatsachen beruhende Geschichte eines Bauernbuben und späteren Widerstandskämpfers mit tragischem Ende. Die Geschichte eines Mannes mit Haltung, wie wir sie uns heute auch wünschen würden. Die Spieler aus Möggers brachten die furchtbare Geschichte nicht voller Mitleid, sondern nah, so, wie es vielleicht gewesen sein könnte, auf die Bühne. Ergreifend, bedrückend – begeisternd. Ein wunderbares Erinnerungswerk für eine Gemeinde, das aller Ehren wert ist. Und vielleicht, vielleicht ist doch noch eine Zusatzvorstellung möglich, damit noch mehrere Erkenntnisse aus diesem Stück ziehen können.