Nicht die reine Freude
Irgendwie war es ein ungünstiges Zusammentreffen, andererseits aber doch auch ziemlich erhellend. Am gleichen Tag, als im Landtag das Budget für das Jahr 2025 – damit auch das Kulturbudget – beschlossen wurde, konnte man jene Zahl in den Medien nachlesen, die für die Betonwüste Tunnelspinne gerade ausgegeben wurde. Für das Tunnelsystem unter Feldkirch wurden mit der Vergabe für den Haupttunnel 214 Millionen Euro – ein Teilbetrag, wohlgemerkt – locker gemacht. Für die Kultur sind im kommenden Jahr rund 55 Millionen Euro vorgesehen – in etwa also ein Viertel von dem, was gerade für die Tunnelspinne ausgegeben wird. Ich weiß schon: Die Dinge lassen sich nicht vergleichen und man könnte natürlich statt der Kultur auch jeden anderen Posten im Budget hernehmen. Gegen die Tunnelspinne verliert alles. Man darf aber, auch wenn der Vergleich hinkt, festhalten, dass ein in verschiedenster Hinsicht höchst umstrittenes Bauprojekt Summen verschlingt, die man an anderer Stelle – nicht zuletzt auch im sozialen Bereich – notwendig brauchen würde. Und man darf auch festhalten, dass sich in diesem Projekt die neue Regierungskonstellation mit den Freiheitlichen dokumentiert. Landesstatthalter Christof Bitschi sieht im Tunnel „ein Schüsselprojekt“ – mit den Grünen wäre das nicht so leicht gegangen.
„Man könnte natürlich statt der Kultur auch jeden anderen Posten im Budget hernehmen – gegen die Tunnelspinne verliert alles.“
Doch zurück zur Kultur. Die Ausgaben für Kultur „steigen“ im nächsten Jahr, darauf wurde von ÖVP und dem neuen Partner FPÖ hingewiesen, um 3,6 Prozent. Unter Berücksichtigung der Inflation bedeutet das aber in Wahrheit keine Steigerung. Viele Posten im Budget – etwa für die Bildende Kunst, für das Kunsthaus Bregenz, für das Vorarlberger Landestheater, für das vorarlberg museum – bleiben bestenfalls gleich. Hier steht also unter Berücksichtigung der Inflation weniger zur Verfügung. Ähnliches gilt auch für kleinere Initiativen, die jetzt schon an der Grenze der Belastbarkeit liegen. Einfach gesagt: Dieses Kulturbudget ist nicht die reine Freude.
Anders an der Kulturdebatte im Landtag waren vor allem Personen: Neue Kultursprecherinnen und Kultursprecher gibt es bei der ÖVP, bei der Cenk Dogan, Bludenzer Kulturpolitiker, Christoph Thoma nachfolgt; dann bei den Sozialdemokraten, bei denen der Harder Bürgermeister Martin Staudinger zum Kultursprecher aufstieg; bei den Neos schließlich hat Klubobfrau Claudia Gamon selbst die Kultur übernommen. Das waren die wesentlichen Neuigkeiten im Landtag, in der Diskussion änderte sich nicht viel. Für die Freiheitlichen bleiben Hubert Kinz und für die Grünen Bernie Weber.
Ein neuer Vorschlag aber kam von Bernie Weber: Er forderte dazu auf, dass bei jeder Landtagssitzung – zumindest wenn es um Kultur geht – im Plenum des Sitzungssaals eine künstlerische Darbietung stattfinden soll. Musik, Tanz, Literatur – was immer. Ganz einfach, damit die Abgeordneten nicht nur über Kunst theoretisieren, sondern auch künstlerische Praxis erleben. Ein Vorschlag, der tatsächlich ernst und ins Programm des Landtags aufgenommen werden sollte.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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