Ein Abend für Franz K.

Musikalische Lesung im Theater Kosmos mit Texten von Kafka.
Bregenz Am 3. Januar 2025 fand im Theater Kosmos in Bregenz ein Abend zu Ehren Franz Kafkas statt, dessen Todestag sich im vergangenen Jahr zum 100. Mal jährte. Der Schauspieler und Leiter des Theater Kosmos, Hubert Dragaschnig, las aus Kafkas Werken, begleitet von Herwig Hammerl (Bass), Peter Madsen (Klavier) und Martin Grabher (Schlagzeug). Die Symbiose von Literatur und Musik ermöglichte eine spannende Neuinterpretation von Kafkas Texten, die das Publikum im ausverkauften Theater begeisterte.

Franz Kafka (1883 bis 1924) gilt als einer der einflussreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Mit Werken wie „Der Prozess“, „Die Verwandlung“ oder „Das Schloss“ schuf er eine düstere, oft absurde Welt, die die Isolation und das Scheitern des Individuums in einer undurchschaubaren Ordnung thematisiert. Sein Leben, geprägt von tiefen Selbstzweifeln, familiären Konflikten und einem ausgeprägten Pflichtbewusstsein, spiegelt sich in seiner Literatur wider. Der Abend im Theater Kosmos verband diese literarische Tiefe mit einem musikalischen Ansatz, der Kafkas Texte auf eine neue, sinnliche Ebene hob.
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Die Veranstaltung begann mit einem melancholischen Jazzstück, das den Grundton des Abends vorgab. Dragaschnig eröffnete die Lesung mit dem berühmten ersten Satz aus “Der Prozess”: “Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.” Neben Texten wie „Vor dem Gesetz“ und „In der Strafkolonie“ las Dragaschnig auch Briefe an Kafkas Vater und seinen Freund Oskar Pollak, die einen intensiven Einblick in Kafkas Seelenleben geben, sowie aus seinen Tagebuchaufzeichnungen, darunter der Eintrag mit dem berühmten Satz „Hilfe kommt aus Bregenz“ vom 6. Juli 1916. Einen besonderen Außenblick auf den Schriftsteller bot ein Text seines engen Freundes Max Brod.

Die musikalische Begleitung wurde zum gleichwertigen Partner der Lesung. Herwig Hammerl schuf mit seinem Kontrabass eine facettenreiche Klangbasis, die Kafkas Worten Raum und Tiefe verlieh. Peter Madsens Klavierspiel bewegte sich zwischen lyrischer Zurückhaltung und expressiven Improvisationen, während Martin Grabher am Schlagzeug mit prägnanten rhythmischen Akzenten den Texten eine zusätzliche Dimension verlieh. Ein besonderes Highlight war sein mitreißendes Schlagzeugsolo, das den Abend kraftvoll abrundete. Das Zusammenspiel von Literatur und Musik wirkte durchgehend harmonisch. Dragaschnig verlieh den oft komplexen Texten Kafkas durch seine warme, nuancenreiche Erzählweise und eine präzise modulierte Stimme eine besondere Lebendigkeit, während die musikalische Begleitung eine stimmungsvolle, atmosphärische Ebene hinzufügte. Die Musiker interpretierten die kafkaeske Atmosphäre mit bluesigen und improvisierten Klangfarben, die den Texten zugleich Tiefe und Leichtigkeit verliehen. Die fein abgestimmte Dynamik zwischen den Akteuren ließ die Übergänge zwischen Literatur und Musik nahtlos erscheinen.

„Ein Abend für Franz K.“ im Theater Kosmos war ein gelungener literarisch-musikalischer Streifzug durch das Werk eines der bedeutendsten Schriftsteller der Moderne. Die gekonnte Kombination aus Dragaschnigs pointiertem Vortrag und der improvisatorischen Leichtigkeit des Trios ließ Kafka in einem durchaus zeitgemäßen Licht erstrahlen.