Jürgen Vanek: Kunst, die Grenzen sprengt

Bis zum 15. Februar können Besucher in die Bildwelt des österreichischen Künstlers eintauchen.
Bludenz Die erste Ausstellung des Jahres 2025 im Kunstraum Remise in Bludenz ist einem Künstler gewidmet, dessen Werk ebenso polarisiert wie fasziniert: Jürgen Vanek. Die von Kuratorin Luka Berchtold kuratierte Ausstellung wird am Donnerstag, 9. Jänner, um 20 Uhr eröffnet. Bis zum 15. Februar 2025 können die Besucher in Vaneks kraftvolle und provokante Bildwelt eintauchen. Dabei fordert die Ausstellung nicht nur ästhetisch, sondern auch gesellschaftlich heraus.

Jürgen Vanek, 1974 im niederösterreichischen Mödling geboren und heute in Wien lebend, ist seit seiner Geburt motorisch und sprachlich behindert. Das führte ihn zunächst in ein System vorgezeichneter Lebenswege: Sonderschule, Arbeit in Förderwerkstätten, betreutes Wohnen. Vor 15 Jahren entschied sich Vanek jedoch, diese Strukturen hinter sich zu lassen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen – ein Leben, in dessen Mittelpunkt die Kunst steht.
Vaneks künstlerischer Weg begann in den 1990er Jahren. Zunächst nutzte er die Malerei, um Gefühle auszudrücken, für die ihm die Worte fehlten. Seine ersten Werke entstanden mit Hilfe von Computerprogrammen, später kamen Kugelschreiber- und Bleistiftzeichnungen hinzu, die zunehmend an Ausdruckskraft und Dimension gewannen. Schließlich entdeckte er die Acrylfarbe für sich, die bis heute eine zentrale Rolle in seinem Werk spielt. Die Farbe wird bei Vanek zum Träger tief empfundener Inhalte. „Ich arbeite schnell und impulsiv“, beschreibt er seinen Schaffensprozess. „Das Ergebnis überrascht mich oft selbst.“

Die Direktheit von Vaneks Kunst bleibt selten ohne Reaktion. Sexualität, Körperlichkeit und Nacktheit sind zentrale Themen in seinem Werk. Seine Bilder zeigen oft unförmige, gedrungene Figuren in embryonalen Haltungen. Die Nacktheit dieser Figuren wird durch grelle Farben wie Pink betont, während Haare, Augen und Geschlechtsteile in scharfem Schwarz hervortreten.
Vaneks Arbeiten entziehen sich einer einfachen Kategorisierung. Begriffe wie „Art Brut“ oder „Outsider Art“, die ihn auf seine Behinderung reduzieren könnten, lehnt er ab. „Ich will nicht, dass meine Bilder nur deshalb gemocht werden, weil ich behindert bin“, erklärt er deutlich. Seine Kunst soll für sich stehen, als Ausdruck seines individuellen künstlerischen Willens – kompromisslos, unabhängig von Zuschreibungen und gesellschaftlichen Klischees.
Seine Werke spiegeln nicht nur seine persönliche Perspektive wider, sondern werfen auch allgemeingültige Fragen zu gesellschaftlichen Normen und Vorurteilen auf. Der Künstler kämpft mit seiner Kunst gegen die Etikettierung und setzt sich gleichzeitig bewusst mit den Erwartungen und Vorurteilen des Publikums auseinander. „Meine Werke sollen Kunst sein – nicht mehr und nicht weniger“, bringt Vanek es auf den Punkt.

Diese Radikalität macht seine Kunst besonders eindringlich. Die Bilder erzählen von Brüchen, Herausforderungen und einer intensiven Auseinandersetzung mit Themen wie Intimität, Verletzlichkeit und Macht. Sie sind keine bloße Darstellung, sondern fordern den Betrachter zum Nachdenken auf. „Das Publikum wird nicht geschont“, sagt Vanek. „Es soll provoziert, gefordert, vielleicht auch abgestoßen werden.“ Die Ausstellung bietet nicht nur die Möglichkeit, das Werk eines außergewöhnlichen Künstlers zu entdecken, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Themen, die selten so direkt und unverblümt auf die Leinwand gebracht werden. Die Ausstellung ist von Mittwoch bis Samstag sowie an Sonn- und Feiertagen von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
Jürgen Vanek
Kunstraum Remise, Bludenz
10. Jänner bis 15. Februar
Eröffnung: 9. Jänner, 20 Uhr
Mi-Sa, So u. Fe 15-18
www.allerart-bludenz.at