Nikolaus Walter: Beichtstühle

Kultur / 17.01.2025 • 13:36 Uhr
Nikolaus Walter: Beichtstühle
Die Ausstellung “Nikolaus Walter: Beichtstühle” läuft bis zum 26. April im Bildungshaus Batschuns. nikolaus walter

Über den Versuch, das Sündhafte mithilfe eines Möbelstücks aus der Welt zu schaffen …

Batschuns Am 16. Jänner 2025 eröffnete der Vorarlberger Fotograf Nikolaus Walter seine Ausstellung „Beichtstühle“ im Bildungshaus Batschuns. Die Präsentation widmet sich einem längst aus dem Alltag verschwundenen Möbelstück: dem Beichtstuhl. Einst zentral im religiösen Leben verankert, stehen sie heute für eine aussterbende Tradition. Mit dem Wandel der Beichte zum Gespräch hat sich ihre Funktion weitgehend aufgelöst. Walter knüpft damit an frühere Arbeiten an, in denen er sich mit Intimität und sozialen Räumen beschäftigt hat.

Nikolaus Walter: Beichtstühle
Die Ausstellung widmet sich einem längst aus dem Alltag verschwundenen Möbelstück: dem Beichtstuhl. nikolaus walter

Die Ausstellung eröffnet spannende Parallelen zu Walters bekannten Schlafzimmer- und Bettserien. Diese zeigen intime Orte, die ihre soziale Bedeutung über die Jahrhunderte bewahrt haben, während die Beichtstühle als Relikte einer vergangenen Ritualkultur erscheinen. In beiden Fällen geht es Walter darum, wie Menschen Räume und Objekte nutzen, um sich abzugrenzen, zu schützen und ihre intimsten Geheimnisse preiszugeben – sei es gegenüber einer Gottheit oder in der Intimität des Schlafzimmers.

Nikolaus Walter: Beichtstühle
Nikolaus Walter: Beichtstühle nikolaus walter

Walter hat sich immer für die Verbindung von Architektur und sozialer Realität interessiert. Bereits in den 1980er-Jahren dokumentierte er in Nicaragua provisorische Hütten, die Arme aus Abfallmaterialien errichteten. Die meist menschenleeren Aufnahmen zeigen eine Welt, in der die Spuren menschlichen Lebens still überdauern. Ein ähnlicher Ansatz kennzeichnet die Serie „Beichtstühle“. Hier steht die Differenz der einzelnen Möbelstücke im Vordergrund, die einst durch ihre Uniformität symbolische Bedeutung hatten. Heute sind sie unbenutzt und verwaist. Walters Blick fängt diese Verlorenheit ein und stellt zugleich die Frage, welche Räume und Rituale in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft die Funktion der Beichte übernommen haben.

Gegen die Betten gerichtet
Gegen die Betten gerichtet. nikolaus walter

Zur Ausstellung erscheint ein Buch mit 40 Schwarz-Weiß-Fotografien und einem Essay von Bernhard Kathan, der die Beichtstühle als Versuch interpretiert, das Sündhafte durch Möbel aus der Welt zu schaffen.

Gegen die Betten gerichtet
Gegen die Betten gerichtet. nikolaus walter

Nikolaus Walter, 1945 in Rankweil geboren, zählt zu den wichtigsten Fotografen Vorarlbergs. Seine Reisen führten ihn nach Irland, Kanada, Neuseeland und in die USA, bevor er sich wieder verstärkt seiner Heimat widmete. Bekannt wurde Walter vor allem durch seine Langzeitprojekte, die den Wandel von Landschaften und Lebenswelten dokumentieren. In „Steiles Erbe – das große Walsertal“ hielt er über 25 Jahre die Veränderungen einer Vorarlberger Region fest. In Gegenüberstellungen von Fotografien aus den 1970er und frühen 2000er Jahren zeigt er die Wechselwirkungen zwischen Natur, Kultur und Modernisierung.

Nikolaus Walter: Beichtstühle
Walters fotografisches Archiv wird von der Vorarlberger Landesbibliothek betreut. roland paulitsch


Sein fotografisches Archiv, das sich im Besitz des Landes Vorarlberg befindet und von der Vorarlberger Landesbibliothek betreut wird, dokumentiert nicht nur ein halbes Jahrhundert künstlerischen Schaffens, sondern auch die sozialen und kulturellen Entwicklungen Vorarlbergs und darüber hinaus.