Freiheit, Träume und die Poesie

Kultur / 30.01.2025 • 14:58 Uhr
Freiheit, Träume und die Poesie
Einen Garten mit lebenden Schmetterlingen kann nur das Kunsthaus Bregenz bieten. roland paulitsch

Precious Okoyomon verbindet im KUB persönliche Fragen mit gesellschaftlichen Themen.

Bregenz Am Freitagabend, dem 31. Jänner, eröffnet das Kunsthaus Bregenz (KUB) eine neue Ausstellung der in London geborenen und in den USA aufgewachsenen Künstlerin und Dichterin Precious Okoyomon. Unter dem Titel „One Either Loves Oneself or Knows Oneself“ erschafft Okoyomon eine poetische Welt an der Schnittstelle von Skulptur, Installation und Sprache. Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit Identität, Kolonialgeschichte und Spiritualität und stellen grundlegende Fragen nach Erinnerung und Zugehörigkeit. Die Ausstellung ist bis zum 25. Mai 2025 zu sehen.

Freiheit, Träume und die Poesie
Mit ihrer Ausstellung schafft Precious Okoyomon eine Erfahrung, die Traum und Wirklichkeit, Erinnerung und Gegenwart miteinander verbindet. roland paulitsch

„Träume sind sehr wichtig in meinem Leben. Ich träume viel und möchte diese Träume mit anderen teilen“, sagt Precious Okoyomon. Die Ausstellung in Bregenz greift dieses Thema auf und verbindet es mit psychoanalytischen Fragestellungen, die von Carl Gustav Jung inspiriert sind. Gleich im Erdgeschoss befinden sich zwei rekonstruierte psychotherapeutische Praxen aus der Zeit um 1900, die mit historischem Mobiliar eingerichtet sind.

Freiheit, Träume und die Poesie
Gleich im Erdgeschoss befinden sich zwei rekonstruierte psychotherapeutische Praxen. roland paulitsch

Fragebögen und Aquarellfarben laden dazu ein, mit ihren Geständnissen einen stillen Beitrag zum Kunstwerk zu leisten. In einem Regal stehen Bücher zu Themen wie Liebe, Kochen, Philosophie und arabische Poesie, aber auch Werke von Édouard Glissant, das Muster der Tapete zeigt Zeichnungen von Precious Okoyomon.

Freiheit, Träume und die Poesie

Die Treppenhäuser des Kunsthauses wurden für die Ausstellung verdunkelt und durch eine zusätzliche Decke verengt. Dieser bewusste Eingriff verändert die Wahrnehmung und erzeugt ein beklemmendes Gefühl, das den Übergang in die tiefere Psyche symbolisiert. “Ich möchte, dass alle ein wenig frieren und ein kleines bisschen Angst haben”, sagt Okoyomon.

Freiheit, Träume und die Poesie

Im ersten Stock wird der Raum von baumelnden Plüschtieren eingenommen – Stofftiere mit echten Federn, die an Schlingen von der Decke hängen. Diese „zusammengesetzten Engel“ verkörpern eine fragile Mischung aus Zärtlichkeit und Bedrohung. Kuscheltiere sind normalerweise Trostspender und Begleiter der Kindheit, doch hier wirken sie wie Engel, die ein zerstörerisches Schicksal erlitten haben. „I wanted to kill but had nothing to kill“ heißt die Arbeit, die sich mit Verletzlichkeit und Ohnmacht auseinandersetzt.

Freiheit, Träume und die Poesie

Im zweiten Stock erstreckt sich eine weitere raumgreifende Installation: Ein riesiger Teddybär liegt verloren am Rande eines rosafarbenen Teppichs. Seine herzförmigen Tatzen und sein melancholischer Blick rufen Momente der Selbstvergessenheit und Tagträumerei hervor. Begleitet wird die Szenerie von sphärischen Klängen der Soundkünstlerin Takiaya Reed, die tranceartige Zustände fördern und die Besucher in einen Schwebezustand zwischen Wachen und Schlafen versetzen.

Freiheit, Träume und die Poesie

Das oberste Stockwerk verwandelt sich in eine lebendige Installation: Ein geschlossener Garten mit verpuppten Raupen und umherfliegenden Schmetterlingen. Dieser Raum symbolisiert Transformation und Metamorphose, zentrale Themen in Okoyomons Werk. Die Besucher beobachten die filigranen Wesen aus der Distanz – ein poetischer Moment der Reflexion über Freiheit, Veränderung und die Grenzen zwischen Beobachten und Teilnehmen. Ein begleitender Film zeigt Okoyomon, wie sie selbst das Flugzeug steuert und laut ihre eigenen Gedichte in den Himmel ruft. Die Besucher müssen hinter einem Netz bleiben – bei den Schmetterlingen.

Freiheit, Träume und die Poesie

Mit „One Either Loves Oneself or Knows Oneself“ schafft Precious Okoyomon eine Erfahrung, die Traum und Wirklichkeit, Spiel und Ernst, Erinnerung und Gegenwart miteinander verbindet. In ihrer Ausstellung werden die Besucher nicht nur zu Zuschauern, sondern auch zu Akteuren, die durch Reflexion und Interaktion ihre eigene Rolle in diesen poetischen Räumen erforschen können. Mit einer außergewöhnlichen Sensibilität für Materialität und Vergänglichkeit entwirft Okoyomon eine Welt, in der Kunst lebendig wird und sich verändert – genau wie die Träume, die sie inspirieren.

ONE EITHER LOVES ONESELF OR KNOWS ONESELF

Precious Okoyomon
01 | 02 — 25 | 05 | 2025

Eröffnung
Freitag, 31. Jänner 2025, 19 Uhr

Artist Talk mit Precious Okoyomon, Hans Ulrich Obrist & Claude Adjil
Samstag, 1. Februar 2025, 11 Uhr

Radical Dreamery
Ein Wochenende mit Precious Okoyomon
Freitag, 23., Samstag, 24., und Sonntag, 25. Mai 2025