Lilienthal neuer Intendant der Volksbühne

Die österreichische Performance-Künstlerin Florentina Holzinger ist im Beraterteam.
Berlin Der Theatermacher Matthias Lilienthal übernimmt ab der Spielzeit 2026/2027 die Intendanz der Berliner Volksbühne. Er soll von einem beratenden Team unterstützt werden, das aus der österreichischen Performance-Künstlerin Florentina Holzinger und der kapverdischen Choreographin Marlene Monteiro Freitas besteht. Holzinger soll gemeinsam mit Freitas ein sogenanntes Artistic Board bilden. Die mehrfach ausgezeichnete Österreicherin ist bekannt für ihre spektakulären Bühnenstücke – zuletzt etwa für die blutige und provokante Opernperformance “Sancta”. Auch vertritt sie Österreich bei der 61. Kunstbiennale 2026 in Venedig. Man wolle sich regelmäßig zusammensetzen und wesentliche Entscheidungen des Hauses besprechen, erklärte Lilienthal.
Personalien an dem renommierten Theater, das jahrzehntelang von Frank Castorf geleitet wurde, hatten zuletzt für Aufsehen gesorgt. Nach dem überraschenden Tod des Dramatikers und Theater-Stars René Pollesch, der 2021 bis 2024 die Intendanz innehatte, war eine Übergangslösung für die Intendanz gescheitert. Das deutsch-norwegische Künstlerduo Ida Müller und Vegard Vinge sollte ein Interimsteam bilden, sagte aber ab – spekuliert wurde, dass dies an den Kürzungen im Berliner Kulturetat lag. Das nun präsentierte Dreierteam übernimmt keine leichte Aufgabe. Wie viele andere Kultureinrichtungen ist die Volksbühne von Sparmaßnahmen in der Hauptstadt betroffen. Das Haus muss in diesem Jahr zwei Millionen Euro einsparen. Er missbillige das extrem, sagte Lilienthal. Er versuche, dagegen zu lobbyieren und mit Chialo Lösungen für das Budget zu finden.

Der 65-Jährige ist bekannt für experimentelles und avantgardistisches Theater. Er setzt auf interdisziplinäre und performative Formate, die oft den traditionellen Theaterrahmen sprengen. Das kam bei Teilen des Münchner Publikums und der bayerischen Politik nicht immer gut an – aber bei der Kritik und Fachleuten, die die Kammerspiele unter Lilienthal zweimal in Folge zum “Theater des Jahres” wählten. “Mir hat die Arbeit in München extrem viel Spaß gemacht”, sagte Lilienthal bei der Vorstellung seiner Personalie in Berlin. In dem Moment, in dem es so richtig Spaß gemacht hatte, habe es aber nicht weitergehen dürfen.
“Ich hab’ Lust, das noch mal neu zu erfinden.” Die Volksbühne sei, glaube er, das “schönste Theater der Welt.” Ihm mache es Spaß, Häuser zu leiten. “Ich bin ein Berliner und mir liegt das Schicksal der Volksbühne total am Herzen”, sagte er.
Mehr als 30 Bewerbungen waren für die Leitung eingegangen – auch von Holzinger. Sie habe sich Sorgen gemacht, dass sich zu wenig Frauen bewerben und sei mit dem Haus eng zusammengewachsen, erklärte sie. Letztlich habe sie ihre Bewerbung aber wieder zurückgezogen – sie könne sich eine Intendanz aktuell nicht vorstellen. Der designierte Intendant gab in Berlin einen ersten Vorgeschmack, was ihm für das Haus im früheren Ost-Berlin inhaltlich vorschwebt. So wolle er Identitätsfragen rund um Leben in der DDR neu stellen. Außerdem soll etwa Tanz an der Volksbühne dazukommen. Dies solle vielleicht rund ein Drittel des Programms ausmachen, sagte er. Es sollen aber auch weiter große Schauspiel- und Sprechtheaterarbeiten gezeigt werden.