“Es ist wichtig, authentisch zu bleiben”

Kultur / 21.02.2025 • 11:20 Uhr
Bregenz Meisterkonzerte
“Letztlich geht es darum, in jedem Konzert das Optimum zu erreichen, auch wenn man weiß, dass absolute Perfektion letztlich nie möglich ist”. udo mittelberger

VN-Interview mit dem Vorarlberger Star-Cellisten Kian Soltani (32).

Herr Soltani, Sie bereiten sich derzeit auf Ihren Auftritt am 28. Februar im Montforthaus vor, bei dem Sie mit dem Luzerner Sinfonieorchester Prokofjews „Sinfonia concertante“ spielen werden.

Kian Soltani Prokofjews Werk ist sehr komplex. Technisch und emotional verlangt es ein Höchstmaß an Präzision und Ausdruck, und auch körperlich fordert es mich heraus – eine Aufführung dauert etwa 40 Minuten, in denen man alles geben muss. Ich habe das Werk erst relativ spät in meinem Leben gelernt, mit 25 oder 26 Jahren, während es für viele Musiker schon während des Studiums zum festen Repertoire gehört. Ich habe es weitgehend autodidaktisch erarbeitet, ohne einen konkreten Mentor, der mich geführt hätte. Das erforderte intensives Üben und ein tiefes Verständnis der Partitur. Neben dem reinen Notenstudium ist auch eine gewisse körperliche Fitness notwendig, um technische Ausführung, emotionale Tiefe und physische Präsenz in Einklang zu bringen.

Feldkirch am 13.1.2018 SOV Symphonieorchester Vorarlberg, Konzer
“Für mich ist es wichtig, dass wir als Musiker die großen Komponisten der Vergangenheit lebendig halten”. dietmar mathis

In Ihrer Karriere spielen Sie sowohl klassische Meisterwerke als auch zeitgenössische Kompositionen. Wie finden Sie die Balance zwischen der Pflege der musikalischen Tradition und dem Streben nach Innovation?

Soltani Für mich ist es wichtig, dass wir als Musiker die großen Komponisten der Vergangenheit lebendig halten. Es ist unsere Aufgabe, diese Meisterwerke nicht nur zu bewahren, sondern sie dem Publikum näher zu bringen und ihre hohe Kunst zu zelebrieren. Gleichzeitig finde ich es spannend, neue Musik zu entdecken und aufzuführen. Allerdings dominiert in meinen Konzertprogrammen derzeit das klassische Repertoire, also Werke von Komponisten, die nicht mehr leben. Die Aufführung neuer Werke ist mit einem enormen logistischen und organisatorischen Aufwand verbunden, da oft eine enge Zusammenarbeit mit anderen Partnern und eine intensive Vorbereitung notwendig sind. Auch wenn ich mir wünsche, in Zukunft häufiger mit lebenden Komponisten zusammenzuarbeiten, bleibt das bereits komponierte Repertoire vorerst der Grundpfeiler meiner Konzerte.

Danae Dörken und Kian Soltani im Markus-Sittikus-Saal.  Schubertiade
Danae Dörken und Kian Soltani im Markus-Sittikus-Saal.  Schubertiade

Kritiker beschreiben Ihr Spiel mit Begriffen wie „bemerkenswert“ bis hin zu „geradezu perfektionistisch“. Wie gehen Sie mit den hohen Erwartungen um?

Soltani Natürlich stelle ich hohe Ansprüche an mich selbst, aber ich halte Perfektion für ein unerreichbares Ideal, dem man nicht hinterherjagen sollte. Vielmehr konzentriere ich mich darauf, für jedes Konzert bestmöglich vorbereitet zu sein und immer das Beste aus mir herauszuholen. Es ist wichtig, authentisch zu bleiben und sich nicht von überzogenen Erwartungen unter Druck setzen zu lassen. Letztlich geht es darum, in jedem Konzert das Optimum zu erreichen, auch wenn man weiß, dass absolute Perfektion letztlich nie möglich ist.

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Mit Ihrem Album „Cello Unlimited“ haben Sie Ihre Leidenschaft für Filmmusik unter Beweis gestellt. Inwiefern beeinflusst diese Liebe zu filmischen Klängen Ihre Interpretation klassischer Werke, etwa von Prokofjew?

Soltani Auch wenn ich bewusst versuche, meine Begeisterung für Filmmusik nicht direkt in klassische Interpretationen einfließen zu lassen, spielt sie doch eine Rolle in meiner Vorstellungskraft. Beim Spielen tauchen oft Bilder und Szenen in meinem Kopf auf, die den musikalischen Ausdruck intensivieren. Es gibt durchaus Parallelen zwischen Prokofjews programmatischen Kompositionen – vor allem in seinen Balletten – und der erzählerischen Kraft von Filmmusik. Werke wie „Romeo und Julia“ oder „Peter und der Wolf“ erzählen Geschichten und wecken visuelle Eindrücke, was meinen Interpretationen immer eine zusätzliche emotionale Dimension verleiht.

Wie erleben Sie die Dynamik der Zusammenarbeit mit Stanislav Kochanovsky?

Soltani Die Zusammenarbeit mit Stanislav Kochanovsky ist für mich eine ganz besondere Erfahrung. Er stammt aus St. Petersburg und verkörpert die authentische russische Musiktradition, die in ihm seit seiner Kindheit verwurzelt ist. Diese tiefe Verbundenheit mit der russischen Kultur verleiht unserer Zusammenarbeit eine besondere Intensität und Authentizität. Es ist eine Freude, mit einem Dirigenten zu arbeiten, der die Musik seiner Heimat so tief verinnerlicht hat, und ich freue mich sehr auf die kommenden Konzerte.

Kian Soltani spielt Prokofjew

Luzerner Sinfonieorchester

Leitung: Stanislav Kochanovsky
Violoncello: Kian Soltani

Einlass: 19 Uhr; Beginn: 19.30 Uhr