Große Ehre: Dieser Vorarlberger erhielt einen Platz in Wien

Kultur / 19.03.2025 • 11:11 Uhr
Salomon Sulzer Platz
Oskar Deutsch, Andreas Mailath-Pokorny, Markus Figl, Hanno Loewy, Julie Reisler und Shmuel Barzilai auf dem neu eingeweihten Platz. ulrike kinz

Kantor, Komponist, Reformer: Der Hohenemser war der Begründer des modernen Synagogengesangs.

Wien Am Dienstag wurde im Herzen Wiens, nahe dem Stadttempel in der Seitenstettengasse, ein Platz zur Würdigung des musikalischen Erbes von Salomon Sulzer eingeweiht. Der 1804 in Hohenems geborene Sulzer prägte über fünf Jahrzehnte als Oberkantor den Synagogengesang und setzte mit seinen Kompositionen neue Maßstäbe für die jüdische Liturgie in Europa. An der feierlichen Zeremonie nahm auch Julie Reisler aus Washington teil, eine Nachfahrin Sulzers, die die enge Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart symbolisierte. “Ich kann Ihnen aus tiefstem Herzen nicht genug dafür danken, dass Sie uns diese Ehre zuteil haben lassen”, sagte sie gerührt.

Salomon Sulzer
Der in Hohenems geborene Salomon Sulzer setzte neue Maßstäbe für die jüdische Liturgie in Europa. wikipedia

Begleitet wurde sie von einer Delegation aus Vorarlberg, darunter Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, und Vertreter der Wiener Freunde des Museums. Ebenso anwesend waren Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Andreas Mailath-Pokorny, Präsident der Wiener Freunde des Jüdischen Museums Hohenems, Markus Figl, Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, und Shmuel Barzilai, der heutige Oberkantor der IKG. Oskar Deutsch: “Wir freuen uns, dass das jüdische Erbe unserer Stadt mit der Einweihung des Salomon-Sulzer-Platzes eine neue Sichtbarkeit erhält und diese große Persönlichkeit auch im öffentlichen Raum gewürdigt wird.”

Salomon Sulzer
Nach einer einjährigen Ausbildung in Karlsruhe trat er 1820 sein Amt in Hohenems an. ÖNB Wien

Schon früh zeigte sich Sulzers musikalische Begabung: Bereits mit 13 Jahren bewarb er sich um die Kantorenstelle in Hohenems. Nach einer einjährigen Ausbildung in Karlsruhe trat er 1820 sein Amt an und reformierte die Liturgie, indem er einen Chor und ein kleines Orchester in den synagogalen Gesang einbezog – ein bis dahin unüblicher Schritt. Sulzer leitete damit eine musikalische Erneuerung ein, die weitreichende Auswirkungen auf die Qualität des Gottesdienstes und das Gemeindeleben hatte. Er verband traditionelle Gesänge mit den harmonischen Errungenschaften seiner Zeit und schlug so eine Brücke zwischen jüdischer Musiktradition und europäischer Kunstmusik.

Salomon Sulzer
Die Tafel beim Geburtshaus von Salomon Sulzer. christian michelides

Mit der feierlichen Eröffnung des Wiener Stadttempels 1826 begann Sulzers prägende Wiener Zeit. Rabbiner Isaak Mannheimer engagierte ihn als Kantor und Partner bei der Entwicklung des „Wiener Ritus“ – einer musikalischen Reform, die traditionelle Gesänge mit neuen kompositorischen Elementen verband und weit über Wien hinaus Verbreitung fand. Sulzers Hauptwerk, die zweibändige Sammlung „Schir Zion“, führte erstmals die vierstimmige Chorbegleitung in die Synagogalmusik ein und beeinflusste den liturgischen Gesang nachhaltig. Seine Kompositionen wurden von Zeitgenossen wie Franz Liszt, Robert Schumann und Giacomo Meyerbeer hoch geschätzt. Auch Franz Schubert komponierte sogar ein Werk für den Kantor.

Salomon Sulzer
Sulzers Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof. papergirl

Neben seiner Rolle als Musiker war Sulzer auch als Lehrer und Vermittler von zentraler Bedeutung. Er bildete junge Kantoren aus und verbreitete seine Neuerungen durch zahlreiche Publikationen und Konzertreisen. Seine Musik wurde nicht nur in Wien, sondern in den jüdischen Gemeinden Europas und darüber hinaus rezipiert.

Große Ehre: Dieser Vorarlberger erhielt einen Platz in Wien

Nach seinem Tod 1890 fand Sulzer seine letzte Ruhestätte auf dem Wiener Zentralfriedhof. Sein musikalisches Erbe ist bis heute präsent: In Hohenems erinnert neben dem Salomon-Sulzer-Saal auch ein nach ihm benannter Platz an sein Wirken.

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Die Benennung des neuen Platzes in Wien ist nicht nur eine Würdigung eines bedeutenden Musikers, sondern auch ein Zeichen für die fortdauernde Verbindung von Tradition und Moderne im jüdischen Synagogengesang. Sulzers Einfluss reicht weit über seine Zeit hinaus und wirkt bis heute im synagogalen Gesang nach. Seine Reformen, die einst Kontroversen auslösten, sind heute fester Bestandteil der jüdischen Musiktradition – eine Würdigung, die der neu eröffnete Platz in Wien nun auch sichtbar macht.