Ein Leben voller Rock, Literatur und Film

Kultur / 25.03.2025 • 20:46 Uhr
Ein Leben voller Rock, Literatur und Film
Der “Rock-Professor” Reinhold Bilgeri vollendet am heutigen Mittwoch die ersten 75 Jahre seines Lebens. APA/HERBERT NEUBAUER

Auch mit 75 Jahren wird Reinhold Bilgeri seine kreative Reise noch lange nicht beenden.

Lochau Reinhold Bilgeri, geboren am 26. März 1950 in Hohenems ist Musiker, Schriftsteller, Drehbuchautor und Filmemacher. Er begann seine Karriere als Gymnasiallehrer, bevor er sich in den 1980er Jahren als Rocksänger mit internationalen Charterfolgen wie der Single „Video Life“ einen Namen machte. Neben seiner musikalischen Tätigkeit arbeitet er auch als Autor und Regisseur, unter anderem mit dem Roman und Film „Der Atem des Himmels“. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht.

Reinhold Bilgeri tritt am 12. März in der Remise in Bludenz auf.
Reinhold Bilgeri feierte als Sänger große internationale Charterfolge. Manfred Scherrer/Jens Ellensohn

Sie sind Musiker, Autor, Regisseur – und mit jeder Rolle auf ganz eigene Weise präsent. Gibt es eine künstlerische Identität, die für Sie im Zentrum steht?

Eigentlich das Filmemachen, da habe ich alle drei Genres unter einem Dach. Drehbuch, Regie und Musik-Supervisor.

Ihr Song „Video Life“ wurde zum internationalen Hit. Wie blicken Sie heute, mit Abstand, auf Ihre musikalischen Anfänge zurück – eher mit Stolz, Distanz oder beidem?

Dass gleich die erste Solo-Single um die Welt ging, hat mich schon stolz gemacht, das war Arbeit und Glück, die Faxe aus Brasilien waren ziemlich cool, aber ich hab mir gleichzeitig viel Selbstdistanz verordnet.

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Sie verbinden in Ihrer Arbeit oft Popkultur mit politischen oder historischen Themen. Was treibt Sie dabei an?

Die Genres ergänzen sich. Jede Roman-Lesung verbinde ich mit Songs, die ich zwischendurch singe, oft alte Standards, das vermischt sich atmosphärisch mit der Sprache und gibt dem Text ein emotionales Echo. Politisch sind vor allem die Figuren in meinen Romanen.

Ihr Roman „Der Atem des Himmels“ wurde erfolgreich verfilmt – von Ihnen selbst. Wie verändert sich ein Stoff, wenn man ihn vom Schreiben ins Bild überträgt?

Der Stoff erfährt eine Eingrenzung auf die Hauptfiguren und ihre Absichten, wobei sich Musik und Bildsprache zwischen den Zeilen des Drehbuchs ausbreiten und eine Zusatzebene schaffen können. Bei „Der Atem des Himmels“ habe ich das Drehbuch zuerst geschrieben, dann das Skelett des Drehbuchs mit Fleisch versehen und zu einem Roman verdichtet.

Ein Klassiker: „Owie lacht“ aus dem Jahr 1975.
Ein Klassiker: „Owie lacht“ aus dem Jahr 1975 mit Michael Köhlmeier.

Was ist für Sie schwieriger: Musik zu schreiben oder ein Buch zu beenden?

Ich glaube ein Buch zu beenden, vor allem wenn dir der Verlag mit dem Erscheinungstermin im Nacken sitzt. Songs können einen anfliegen, wenn alle Fühler wach sind. Das kann es schnell gehen – oder man sitzt und wartet. Wobei: Keith Richards meinte einmal: „Die besten Songs habe ich geschrieben als ich hackedicht war.“ Hat auch was.

Wie sehr beeinflusst Ihre Herkunft aus Vorarlberg Ihre künstlerische Sichtweise? Gibt es ein spezifisches Lebensgefühl, das Sie von dort mitnehmen?

In der sogenannten Provinz, die ich genauso liebe wie das Stadtleben, konnte sich bei mir ein starker Wille und eine kreative Wut entzünden, aus dem konservativen Mief der 50/60er Jahre auszubrechen. Die Nähe zur Schweiz war auch ein Vorteil, wir haben in Zürich schon die ersten englischen Rockbands gesehen oder in Lindau die ersten Bergmann-Filme, als die Wiener noch unter den Nachwirkungen des Krieges und des Eisernen Vorhangs litten.

Ein Leben voller Rock, Literatur und Film
Das Multi-Talent ist auch als Regisseur sehr erfolgreich. philipp steurer

Sie waren in der Popwelt genauso zu Hause wie im Theater oder im Feuilleton. Gibt es einen Moment, in dem Sie bewusst Grenzen zwischen „E- und U-Kultur“ überschreiten wollten – oder haben Sie sie nie wahrgenommen?

Eher letzteres, für mich sind das oft fließende Übergänge. Ich glaube auch Mozart hätte die Beatles gemocht, Lenny Bernstein nannte sie nicht von ungefähr die Schuberts des 20. Jahrhunderts. Viele Popmusiker, aber auch Jazzer haben sehr klug aus dem Klassik-Archiv geklaut und wenn James Brown und Pavarotti zusammen gesungen haben, war das Fusion at it’s Best. Sogar Deep Purples Hardrock hat sich mit klassischem Orchester grandios vertragen.

Bilgeri, Atem des Himmels, Premiere, Hohentwiel, Festspielhaus
Reinhold Bilgeri mit seiner Frau Beatrix und Tochter Laura bei der Premiere des Films “Atem des Himmels”. apa/dietmar mathis

Was reizt Sie am meisten am Älterwerden – oder ist es eher eine Herausforderung?

Dass man bald weiß, wie es drüben aussieht (lacht). Nein, das ist ein Scherz. Es ist natürlich eine Herausforderung, aber ich schwimme da im Kielwasser von Mick Jagger, der kann es auch nicht lassen und außerdem halte ich es mit Woody Allen: „Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich möchte nur nicht dabei sein…”

Woran arbeiten Sie gerade – und worauf dürfen wir uns als Nächstes freuen?

Ich bereite gerade einen Film für Servus TV vor, außerdem schreibe ich am Drehbuch zu meinem neuen Roman „Das Gewissen der Tauben“. Eine Wiener Filmfirma hat sich die Rechte gesichert, also werden wir demnächst bei der Filmförderung einreichen und die Schlacht beginnt von Neuem. Dazwischen spiele ich Rockkonzerte mit meiner Band und bin auf Lesetour mit meinem Roman, z.B. am 18. April im Spielboden Dornbirn.