Historische Klangräume mit internationaler Ausstrahlung

Kultur / 02.04.2025 • 13:46 Uhr
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Die 55. “Internationalen Bludescher Orgelkonzerte” stehen ganz im Zeichen des 300. Todestages von Alessandro Scarlatti Bubenik,Todorovic

Am kommenden Wochenende beginnen die 55. “Internationalen Bludescher Orgelkonzerte”.

Bludesch Die Walgaugemeinde Bludesch verfügt über eine ungewöhnlich hohe Dichte an historisch bedeutsamen Kulturgütern. Drei Baudenkmäler stehen unter dem internationalen Schutz der UNESCO, was ihre kulturhistorische Bedeutung unterstreicht. An erster Stelle steht die Kirche St. Nikolaus. Ihre Ursprünge reichen bis ins frühe Mittelalter zurück; sie gilt als ältestes sakrales Bauwerk im Bodenseeraum. Zwei Glocken aus dem 14. Jahrhundert sind noch heute in Gebrauch – ein seltenes Beispiel für die kontinuierliche liturgische Praxis über mehrere Jahrhunderte hinweg. Ergänzt wird das Ensemble durch die St. Jakobskirche, die um 1650 vom Bregenzerwälder Baumeister Michael Beer errichtet wurde. Der Bau gilt als eines der frühesten Beispiele barocker Sakralarchitektur in Vorarlberg. Beer, Zunftgründer und prägende Gestalt seiner Zeit, schuf mit der Jakobskirche ein Bauwerk von bis heute ablesbarer architektonischer Eigenständigkeit.

Silbermann-Bergöntzle-Orgel
Die Silbermann-Bergöntzle-Orgel in der Jakobskirche ist rund 250 Jahre alt. rufre@lenz-nennig.at

Von zentraler musikhistorischer Bedeutung ist die Silbermann-Bergöntzle-Orgel in der Jakobskirche. Das rund 250 Jahre alte Instrument wurde von Joseph Bergöntzle, einem Vertreter der elsässischen Orgelbauschule nach Silbermann, erbaut. Nach einem aufwendigen Transport aus Ostfrankreich wurde sie in Bludesch aufgestellt und später zweimal umfassend restauriert. Sie ist heute das einzige erhaltene Instrument dieser Bauart in Österreich. Zur regelmäßigen Nutzung der Orgel wurde 1970 die Konzertreihe der “Internationalen Bludescher Orgelkonzerte” ins Leben gerufen. Sie zählt zu den ältesten kontinuierlich durchgeführten Konzertreihen in Vorarlberg. Seit 55 Jahren wird hier ein Repertoire gepflegt, das Werke der Renaissance und des Barock ebenso umfasst wie Uraufführungen und entlegenes Repertoire außereuropäischer Traditionen. Markenzeichen sind die zyklischen Aufführungen der Motetten von Johann Sebastian Bach und die geistlichen Konzerte von Heinrich Schütz. Auch Claudio Monteverdis „Marienvesper“ erklang erstmals in Vorarlberg.

Oberhammer möchte die Vielfalt der Orgelmusik zeigen.  Oberhammer
Bruno Oberhammer ist die Vielfalt der Orgelmusik seit vielen Jahrzehnten ein großes Anliegen.  Oberhammer

Die diesjährige Ausgabe wird am 6. April eröffnet. Sie steht ganz im Zeichen des 300. Todestages von Alessandro Scarlatti (1660-1725). Der italienische Komponist, ein wichtiger Vertreter der neapolitanischen Schule, steht exemplarisch für den Übergang vom Hochbarock zur Frühklassik. Zum Auftakt erklingt Scarlattis Oratorium „Stabat Mater dolorosa“. Die Besetzung umfasst Eva-Maria Heinzle (Sopran), Iris Wallner (Mezzosopran) sowie die Violinistinnen Dora Alexiadou und Ruth Konzett. Moderiert wird das Konzert von Franz Pfab, dem künstlerischen Leiter der Konzertreihe. Pfab, der seit vielen Jahren für die Programmgestaltung der Bludescher Orgelkonzerte verantwortlich zeichnet, wird auch an der historischen Silbermann-Bergöntzle-Orgel zu hören sein – mit Scarlattis viersätziger Toccata in A-Dur. Das Eröffnungskonzert verdeutlicht exemplarisch die programmatische Linie der Konzertreihe: eine Verbindung von historisch informierter Aufführungspraxis, instrumentengeschichtlich relevanten Besonderheiten und einem Repertoire, das über die Grenzen des gängigen Barockkanons hinausgeht.

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Mit dem Konzertprogramm 2025 wird nicht nur ein Jubiläum gefeiert, sondern auch ein kulturgeschichtlicher Bogen gespannt – zwischen italienischer Vokaltradition, regionalem Musikinstrumentenerbe und zeitgenössischer Aufführungspraxis. Damit wird die Linie der Konzertreihe konsequent fortgesetzt: als Ort der künstlerisch präzisen, thematisch fundierten Auseinandersetzung mit dem musikalischen Erbe im lokalen wie im internationalen Kontext.