Musik, die unter die Haut geht

Im Rahmen von “Dornbirn Klassik” überzeugte am Sonntag das britische Brodsky Quartet.
Dornbirn Im Rahmen der Reihe „Dornbirn Klassik“ präsentierte das Brodsky Quartet am Sonntag ein bewegendes, meisterhaft gestaltetes Konzertprogramm. Mit Werken von Johann Sebastian Bach, Dmitri Schostakowitsch und Franz Schubert spannten die vier Musikerinnen und Musiker einen eindrucksvollen Bogen von barocker Strenge über die düstere Welt des 20. Jahrhunderts bis hin zur romantischen Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit.

Den Auftakt bildete Johann Sebastian Bachs Sonate in g-Moll, BWV 1001 – eine ungewöhnliche Wahl für ein Streichquartett, die das Brodsky Quartet jedoch überzeugend und einfühlsam umsetzte. Vom ersten Ton an beeindruckte das Ensemble durch eine geradezu intime Kommunikation, die der komplexen Struktur und der großen Emotionalität der Musik vollauf gerecht wurde. Das getragen gespielte Adagio ließ Raum für große Bögen und feine Nuancen, die Fuge entwickelte sich mit bewundernswerter Klarheit und rhythmischer Präzision. Besonders hervorzuheben ist, wie die Musiker die lyrische Siciliana mit sanfter, fast schwebender Leichtigkeit gestalteten, bevor das Presto die Virtuosität und das Zusammenspiel des Ensembles in den Vordergrund rückte.
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Ein erster Höhepunkt des Abends war Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 8 in c-Moll. Mit großer Intensität gelang es dem Brodsky Quartet, die düsteren Klangfarben und das existenzielle Ringen dieser Musik eindrucksvoll einzufangen. Das berühmte DSCH-Motiv, Schostakowitschs musikalische Signatur, zog sich wie ein roter Faden durch alle Sätze und wurde von den Musikern mit beeindruckender Prägnanz herausgearbeitet. Besonders die abrupten Wechsel zwischen schroffen, fast brutalen Ausbrüchen und zarten, verletzlichen Passagen wirkten in ihrer Direktheit erschütternd. Ohne jede Übertreibung, aber mit großer Ausdruckskraft gelang dem Ensemble eine Interpretation, die die autobiografische Abgründigkeit und Zerrissenheit des Werkes spürbar machte.
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Nach der Pause folgte mit Franz Schuberts Streichquartett in d-Moll, D 810 „Der Tod und das Mädchen“ ein weiterer Höhepunkt des Abends. Bereits mit den ersten dramatischen Akkorden des Allegros zeigte das Brodsky Quartet eine faszinierende Mischung aus klanglicher Fülle und präziser Linienführung. Die berühmten Variationen über das gleichnamige Lied im zweiten Satz wurden mit großer Ausdrucksvielfalt und fein abgestuften dynamischen Nuancen dargeboten. Besonders berührend war, wie die Musiker die dunkle Melancholie des Themas immer wieder neu beleuchteten und es in vielfältige emotionale Farben tauchten. Im wilden Scherzo entfaltete sich eine geballte Energie, die schließlich in das ungestüme, fast ekstatische Finale mündete – ein packender Schlusspunkt eines beeindruckenden Programms.

Doch das Brodsky Quartet hatte noch eine besondere Überraschung parat: Mit einer gefühlvollen Zugabe – einem Stück von Johann Sebastian Bach – verabschiedeten sich die Musiker von ihrem Publikum. Diese Darbietung war nicht nur ein musikalischer Ausklang, sondern zudem eine herzliche Geste: Das Ensemble widmete das Stück Roland Jörg, dem scheidenden Kulturamtsleiter von Dornbirn, der sie vor 30 Jahren erstmals eingeladen und seither immer wieder nach Dornbirn geholt hatte. Diese persönliche Widmung und die bewegende Interpretation unterstrichen die besondere Verbindung zwischen Künstlern, Veranstalter und der Stadt Dornbirn. Das Konzert des Brodsky Quartet war ein Abend voller musikalischer Höhepunkte, großer Emotionen und tiefer musikalischer Intelligenz – ein Geschenk an das Publikum und ein Erlebnis, das noch lange nachklingen wird.