Eine Bankrotterklärung

VN-Kommentar von Walter Fink
Im Jahre 1998 gaben sich die „Bizauer Gespräche“, die viele Jahre in der Bregenzerwälder Gemeinde abgehalten wurden, das Thema „Kunst und Bau“. Künstler, Architekten, Kunsthistoriker und Politiker versuchten dabei, eine neue Basis für das Zusammenwirken von Kunst und Architektur, also auch Kunst im öffentlichen Raum, zu finden. Die Auswirkungen waren konkret: Zwei Jahre später beschloss die Vorarlberger Landesregierung – dank des Einsatzes von Landeshauptmann und Finanzreferent Herbert Sausgruber und Kulturlandesrat Hans-Peter Bischof – die neue Richtlinie für „Kunst und Bau“. Danach verpflichtete sich das Land, bei allen Hochbauten ein Prozent der Nettoerrichtungssumme für Kunst zu reservieren. Es war ein Quantensprung für Künstler und öffentliche Kunst, einer allerdings, der nun abrupt beendet wird. Denn vor wenigen Tagen hat das Land beschlossen, diese Richtlinie für drei Jahre außer Kraft zu setzen. Vereinfacht gesagt: In den nächsten Jahren gibt es keine Kunst mehr an öffentlichen Gebäuden oder Plätzen. Alles wird auf null gestellt. Das ist, der Ausdruck sei gestattet, eine Bankrotterklärung der Kulturpolitik des Landes.
Es gibt eine „alte Tradition“ für Kunst und Bau in unserem Land. Das wurde eindringlich in einer Ausstellung und im Katalog „Kunst und Bau in Vorarlberg seit 1945“ von Susanne Fink im Jahr 2003 dokumentiert. Auf 420 Seiten sind in diesem Kompendium etwa 800 Kunstwerke angeführt, die seit dem Zweiten Weltkrieg an den verschiedensten Gebäuden oder im öffentlichen Raum zu finden sind. Die Intensität solcher Bemühungen hatte nachgelassen, umso wichtiger war dann die neue Richtlinie, die nicht nur eine neue Blüte öffentlicher Kunst, sondern auch eine erhebliche Qualitätssteigerung brachte. Ein Umstand, der nicht nur für viele Künstler Arbeit, sondern auch für das Land höchste, auch internationale Anerkennung bedeutete. Und nun: Das Aus.
Der für Hochbauten zuständige Landesrat Daniel Allgäuer bestätigte den Stopp der Initiative und meinte, dass „alle einen Beitrag leisten müssen“, verwies aber auch auf die zeitliche Begrenzung. „In drei Jahre wird es wieder weitergehen wie bisher“, meinte er im Gespräch. Eine Ankündigung, der jener Kultur-Landesrat, unter dem die Richtlinie beschlossen wurde, nämlich Hans-Peter Bischof, misstraut. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man nach drei Jahren wieder weitermacht, als ob dazwischen nichts gewesen wäre.“ Solche Unterbrechungen, meinte Bischof, seien geeignet, auch hervorragende Initiativen auf Dauer zu beerdigen.
Drei Dinge dazu: Ich neige ebenfalls zur Ansicht, dass ein solcher Stopp das endgültige Ende der Richtlinie von „Kunst und Bau“ bedeuten könnte. Was aber in jedem Fall ist: Auf diesen Zeitraum werden die Künstler nicht nur von öffentlichen Arbeiten, sondern auch vom damit verbundenen Verdienst ausgeschlossen. Für manche kann das einschneidend werden. Vor allem aber: Wir, die Betrachter, werden dieser Auseinandersetzung mit der Kunst beraubt. Das ist fast unerträglich – für die Kunst – und für uns.