Magische Nächte und Meisterwerke

Kultur / 02.07.2025 • 15:41 Uhr
Magische Nächte und Meisterwerke
George Enescus Oper “Œdipe” eröffnet am 16. Juli als erste Oper im Festspielhaus der neuen Intendantin Lilli Paasikivi die Saison. philipp steurer

Freischütz, Œdipe und vieles mehr: Die Bregenzer Festspiele starten in die 79. Saison.

Bregenz Am 16. Juli beginnen die Bregenzer Festspiele ihre 79. Saison – die erste unter der neuen Intendantin Lilli Paasikivi. Für insgesamt sechs Musiktheaterproduktionen, darunter zwei Operninszenierungen, einer Uraufführung, Orchester- und Kammerkonzerten, dem Opernstudio und den Jungen Festspielen wurden rund 214.000 Tickets aufgelegt, von denen bereits fast 80 Prozent gebucht sind. Festspielintendantin Lilli Paasikivi freut sich: „Nach all den langen Monaten der Planung ist es ein beglückender Moment, wenn endlich die Musik erklingt und man die Künstlerinnen und Künstler trifft – und spürt: Was wir erdacht und entworfen haben, wird nun Wirklichkeit. Es ist eine wundervolle und zugleich aufregende Zeit vor der Premiere, in der sich allmählich das Endergebnis abzeichnet”.

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Die Proben zum Bregenzer “Freischütz” sind bei hochsommerlichen Temperaturen eine besondere Herausforderung. philipp steurer

Nach dem Erfolg der vergangenen Saison kehrt Carl Maria von Webers „Der Freischütz” am 17. Juli auf die Seebühne zurück. Für die 27 Spielabende sind 192.000 Karten vorgesehen, der Großteil davon ist bereits vergriffen. Philipp Stölzl hat mit seinem atmosphärisch dichten Inszenierungskonzept eine poetisch-unheimliche Welt geschaffen: ein verfallenes Dorf, halb im Wasser versunken, durchzogen von Nebel, Pferdeskeletten und Baumgerippen – ein Schauplatz, in dem Max um Liebe, Würde und Rettung ringt.

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Der Regisseur des Freischütz, Philipp Stölzl. philipp steurer

Für die Wiederaufnahme hat Stölzl intensiv mit dem Ensemble gearbeitet, um aus den Erfahrungen der letzten Saison zu lernen. Gemeinsam wurde analysiert, welche Übergänge funktionieren, welche Pointen sitzen und wo es noch hakt. Eine Szene wurde neu geschrieben, eine andere neu inszeniert und einige Stellen wurden fein nachjustiert. Grundlegende Änderungen blieben jedoch aus – bewusst. Statt radikaler Neuerungen setzt Stölzl auf Detailarbeit: schleifen, polieren, Rhythmus finden. Ein behutsamer Umgang mit dem, was bereits gelungen war.

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Dirigent des Freischütz ist der Schwede Patrick Ringborg. philipp steurer

Die Inszenierung entführt das Publikum in ein halb im Wasser versunkenes Dorf, in dem Max in einer kahlen Winterlandschaft um Agathes Liebe kämpft. Die düstere Ästhetik mit windschiefen Häusern, Baumgerippen und geisterhaften Wesen entfaltet sich in der legendären Wolfsschluchtszene zur vollen Wucht. Feuerspeiende Schlangen, Nebel, Donner und heulende Wölfe steigern die beklemmende Atmosphäre. Sie bildet den optischen und dramatischen Höhepunkt des Bregenzer Freischütz: Webers düstere Klänge und die bedrohliche Orchestrierung, gepaart mit eindrucksvollen Lichteffekten, dichten Nebelschwaden, heulenden Wölfen und krachendem Donner, verwandeln die Bühne in einen surrealen, albtraumhaften Ort. Große Aufmerksamkeit schenkt Stölzl den Sprechszenen, die er gemeinsam mit Autor Jan Dvořák neu gestaltete. Samiel erscheint dabei nicht nur als Teufel, sondern auch als allwissender Erzähler und zynischer Conferencier. So entsteht ein packender Wechsel zwischen Webers Arien und dramatisch zugespitzten Dialogen.

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Paul Gay übernahm kurzfristig die Titelrolle. philipp steurer

Den Auftakt der Festspielsaison im Haus markiert am 16. Juli George Enescus monumentale Oper “Œdipe”, die vom finnischen Maestro Hannu Lintu dirigiert und von Andreas Kriegenburg inszeniert wird. In vier symbolisch aufgeladene Akte – Feuer, Wasser, Luft und Erde – gegliedert, entfaltet sich die uralte Geschichte des Mannes, der seinem Schicksal nicht entkommen kann.

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Lilli Paasikivi: „Nach all den langen Monaten der Planung ist es ein beglückender Moment, wenn endlich die Musik erklingt”. philipp steurer

Lintu hebt die zeitlose Kraft des Werkes hervor: „Ein gutes Kunstwerk ist immer gegenwärtig. Es ist nie ‚veraltet‘, denn wir können uns immer wieder von seiner Musik, seiner Erzählung und seiner Bedeutung berühren lassen. Enescus Musik verleiht der Geschichte des Ödipus eine zeitlose, beinah übermenschliche Tiefe. Wenn sich eine solche Geschichte und eine solche Musik verbinden, entsteht ein Kunstwerk, das bleibt, ein Werk, das nicht vergeht, weil es uns in unserer eigenen Menschlichkeit erkennt. Und berührt. Immer wieder”. Mit impressionistisch schillernden Klangflächen, rumänischen Volksmusikelementen und einem Instrumentarium, das Harmonium, singende Säge und Donnermaschine umfasst, schafft Enescu eine expressive Musiksprache, die zwischen kammermusikalischer Zartheit und eruptiver Monumentalität changiert.

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Große Chorszenen ertwartet das Publikum bei der Hausoper. philipp steurer

Mit Spannung erwartet wird auch die Uraufführung von “Emily – No Prisoner Be”, einer neuen Musiktheaterproduktion, sowie das Gastspiel des Wiener Burgtheaters mit Ferdinand Schmalz’ neuem Stück “bumm tschak oder der letzte henker”.

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Babette Karner, Lilli Paasikivi, Philipp Stölzl, Patrick Ringborg, katharina Ruckgaber und Wendy Hesketh-Ogilvie. philipp steurer

Vom 16. Juli bis zum 17. August finden am Bodensee rund 80 Veranstaltungen statt, darunter Konzerte der Wiener Symphoniker, Kammermusikabende, das Opernstudio und eine Vielzahl junger Formate.