Fäden zur Moderne: Spurensuche in Vorarlberg

Kultur / 28.09.2025 • 11:11 Uhr
Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
Die Ausstellung zeigt die Verbindung von Kunst und Textilindustrie anhand der Freundschaft von Gustav Klimt und Julius Rhomberg. beate rhomberg

Freundschaften, Textilien und die frühe Avantgarde: „Gustav Klimt und Vorarlberg“.

Hohenems In der Arche Noah eröffnet die Sammlung Hans Bäumler mit „Gustav Klimt und Vorarlberg“ eine Schau, die unerwartete Verbindungen zwischen dem Wiener Künstler und dem Textilland sichtbar macht. Der Kurator Tobias G. Natter, Spezialist für die Wiener Moderne und ehemaliger Direktor des vorarlberg museums, zeichnet die Fäden nach, die den großen Wiener Maler mit Vorarlberg verbanden – vor allem durch die Freundschaft mit Julius Rhomberg, Miteigentümer von Herrburger & Rhomberg aus Dornbirn. Die Ausstellung ist bis zum 6. Januar 2026 zu sehen.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
Julius Rhomberg war 1900 an der Gestaltung des Pavillons der Textilindustrie bei der Dornbirner Gewerbeausstellung beteiligt. Beate Rhomberg

Auf den ersten Blick erscheint es überraschend, dass Gustav Klimt in einer Vorarlberger Ausstellung im Mittelpunkt steht, da er selbst vermutlich nie in Vorarlberg war. Die Spurensuche dokumentiert jedoch Briefe, Zeichnungen, Fotografien und textile Objekte und zeigt, wie eng sich Kunst und Industrie im ausgehenden 19. Jahrhundert verbanden und wie Vorarlberg am äußersten Rand der Monarchie dennoch entschlossen den Anschluss an die Moderne suchte.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
Das Gemälde von Gustav Klimt ist in der Dauerausstellung zu sehen. Beate Rhomberg

Ausgangspunkt ist das Jahr 1889 in Wien: Julius Rhomberg, Spross einer angesehenen Industriellenfamilie, kommt zur Ausbildung in die Hauptstadt und begegnet dort Gustav Klimt. Eine Zeichnung des Künstlers zeigt den jungen Rhomberg. Dass die Verbindung über die Jahre hielt, belegen unter anderem eine von Klimt gestaltete Glückwunschkarte zur Hochzeit Rhombergs im Jahr 1895 sowie briefliche Kontakte und gesellschaftliche Begegnungen, die zeigen, dass die Verbindung weit mehr war als eine zufällige Bekanntschaft

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
Portrait von Julius Rhomberg. Beate Rhomberg

Ein eigenes Kapitel widmet die Ausstellung Hermann Flöge, dem Bruder der Modeschöpferin Emilie Flöge. Klimt war über Jahrzehnte eng mit ihr verbunden. Hermann Flöge war Prokurist bei Herrburger & Rhomberg in Wien und trug maßgeblich dazu bei, künstlerische Impulse in die industrielle Produktion zu überführen.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
Der Textilfabrikant und Kunstsammler Hans Bäumler mit dem Kurator der Ausstellung Tobias G. Natter. beate rhomberg

Besonders deutlich wird diese Verbindung in den Jugendstilstoffen, die nach Entwürfen aus dem Klimt-Umfeld entstanden und nun erstmals öffentlich zu sehen sind. Die ornamentreichen, vegetabilen Muster und kalligrafischen Linien machen anschaulich, was die Wiener Secession programmatisch forderte: Kunst sollte in den Alltag einziehen.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
„Gustav Klimt und Vorarlberg”. Beate Rhomberg

Der wechselseitige Austausch zwischen Atelier und Fabrik fand sichtbaren Ausdruck in zwei großen Auftritten. Bei der Dornbirner Gewerbeausstellung im Jahr 1900 gestaltete Julius Rhomberg den Pavillon der Textilindustrie mit. Fotografien aus dem Stadtarchiv zeigen, wie traditionelle Bodenständigkeit mit modernen Formensprachen verbunden wurde. Acht Jahre später, bei der Wiener Kunstschau 1908, setzte Klimt die Idee des Gesamtkunstwerks in einem eigenen Raum um. Herrburger & Rhomberg stattete große Teile der Ausstellungsräume, die Gartenterrasse und das Kaffeehaus mit Heimtextilien aus. Laut Natter brachte dieser Auftritt dem Unternehmen einen Sonderstatus innerhalb der österreichischen Textilindustrie ein.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
„Gustav Klimt und Vorarlberg”. Beate Rhomberg

Neben der Hochzeitskarte präsentiert die Hohenemser Ausstellung Studien und Zeichnungen Klimts aus Vorarlberger Privatbesitz, zwei Briefe aus dem Vorarlberger Landesarchiv sowie Lichtdrucke. Ergänzt wird das Material durch seltene Dokumente aus dem Umfeld der Wiener Secession sowie durch textile Objekte, die erstmals in dieser Dichte zusammengeführt wurden.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
„Gustav Klimt und Vorarlberg”. Beate Rhomberg

Die 2019 eröffnete Sammlung Hans Bäumler positioniert sich mit dieser Ausstellung klar zwischen regionaler Identität und internationaler Kunstgeschichte. „In der Auftakt-Ausstellung sind meine beiden Lebensleidenschaften miteinander verwoben: das Textile und die Kunst”, sagt Museumsgründer Hans Bäumler, der selbst aus einer Textilunternehmerfamilie stammt. Kuratiert von Tobias G. Natter, der bereits am Aufbau der Sammlung beteiligt war, ist die Klimt-Ausstellung der Beginn einer Reihe jährlich geplanter Schauen, die regionale Themen mit kunsthistorischer Relevanz verbinden.

Preview der Ausstellung „Gustav Klimt und Vorarlberg mit Hans Bäumler und Tobias Natter
„Gustav Klimt und Vorarlberg”. Beate Rhomberg