Die märchenhafte Welt von Bernadette

Die englische Kinderbuchautorin zeigt ihre Werke im Literaturhaus Vorarlberg.
Hohenems Mit einer großen Werkschau eröffnet das Literaturhaus Vorarlberg am Donnerstag, dem 2. Oktober, die Ausstellung „Die märchenhafte Welt von Bernadette“. Bis zum 31. Oktober sind dort Originalillustrationen der englischen Künstlerin Bernadette Watts zu sehen, die seit den späten 1960er-Jahren unter ihrem Künstlernamen Bernadette über hundert Bilderbücher veröffentlicht und Generationen von Kindern begeistert hat. Während ihre Originale hierzulande meist im Hintergrund blieben und in Japan ausgestellt oder von privaten Sammlern erworben wurden, rückt die von Verleger Herwig Bitsche kuratierte Schau nun erstmals in Vorarlberg das Gesamtwerk in den Mittelpunkt. Präsentiert wird ein Querschnitt von den frühesten Märchenbildern bis zu jüngsten Arbeiten, ergänzt durch Teile ihres künstlerischen Vorlasses, den Watts kürzlich in die Hände von Bitsche gelegt hat. Zur Vernissage am 2. Oktober um 19 Uhr wird Bernadette Watts persönlich anwesend sein. Im anschließenden Werkstattgespräch spricht sie mit Herwig Bitsche über sechs Jahrzehnte kreatives Schaffen und gibt intime Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer Bilderbücher.
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Bernadette Watts, 1942 in Northampton geboren und von allen nur „Bernie“ genannt, zählt seit langem zu den prägenden Figuren der europäischen Kinderbuchillustration. Schon in ihrer Kindheit war das Zeichnen für sie eine Zuflucht vor dem grauen Alltag der Nachkriegszeit. Am Maidstone College of Art in Kent erhielt sie ihre Ausbildung, kam früh mit der britischen Illustratoren-Szene in Kontakt und entdeckte die Märchen der Brüder Grimm, die ihr Werk bis heute prägen. Ihre erste illustrierte Märchensammlung erschien 1968 und machte durch atmosphärische Dichte und Detailfreude sofort auf sie aufmerksam, besonders in Deutschland, wo sie rasch Anerkennung fand. Ihr Stil hebt sich durch Zartheit und Poesie ab. Watts arbeitet mit feinen Linien, sanften Farben und einer Liebe zu Naturdetails. Blumen, Wälder und Tiere verschmelzen mit den Figuren, wodurch das Märchenhafte im Alltäglichen sichtbar wird. Während viele Illustratoren der 1970er-Jahre auf expressive Farben setzten, entwickelte sie eine leise, kontemplative Bildsprache. Charakteristisch sind Schneelandschaften, in denen Menschen klein und verletzlich wirken, oder Innenräume, die von Kerzenlicht durchflutet sind. Im Laufe ihrer Karriere illustrierte Watts nicht nur Grimmsche Märchen, sondern auch Texte von Hans Christian Andersen und modernen Autoren. Ihre Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und fanden in Deutschland, Österreich und der Schweiz ebenso wie in Japan ein großes Publikum. Museen und Bibliotheken widmeten ihren Arbeiten immer wieder Ausstellungen, und sie gilt – neben Lisbeth Zwerger – als eine der bedeutenden Kinderbuchillustratorinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Am Freitag, dem 3. Oktober, folgt um 16 Uhr ein Familiennachmittag, bei dem Bernadette Watts aus ihren Klassikern „Varenka“ und „Millie und der geheimnisvolle Igel“ liest. Gemeinsam mit der Schauspielerin Sara Baric vom Vorarlberger Landestheater gestaltet sie die Lesung zweisprachig in Englisch und Deutsch und gibt zudem einen exklusiven Ausblick auf ihr neues Buch, das 2026 erscheinen wird. Den Abschluss bildet am selben Abend um 19 Uhr ein weiterer Gesprächsabend mit Herwig Bitsche unter dem Titel „Blick ins Werk“, bei dem Originale und Skizzen vorgestellt werden.