Minioper voller Witz und Tiefgang

Anja Köhler
Bei der Uraufführung von “Die Bühnentode meiner Mutter” kamen nicht nur Erwachsene auf ihre Kosten.
Bregenz Der Tod als tägliches Ritual – und doch alles andere als traurig. In der Bühnenfassung von “Die Tode meiner Mutter” nach dem Bilderbuch von Carla Haslbauer lässt Regisseur Michael S. Wilhelmer eine Welt entstehen, in der Sterben, Auferstehen und Verwandlung zu einer farbenfrohen Feier des Lebens werden.

Mutter (großartig: Bettina Wechselberger) stirbt in Opern- und Märchenrollen – mal als Diva, mal als Hexe, mal als tragische Heldin. Jeden Tag schlüpft sie in ein anderes Kostüm und eine neue Rolle. Ihre dramatischen Abgänge führen durch berühmte Opernwelten wie Bizets “Carmen”, Puccinis “Manon Lescaut” und “Gianni Schicchi” oder Donizettis “Maria Stuarda”, die Wechselberger selbst für das Stück ausgewählt hat. Als Verantwortliche für das musikalische Konzept verwebt die als Musikpädagogin tätige Sopranistin Musik, Szene und Emotion zu einer mitreißenden Einheit. Mit Inbrunst und Ironie gleichermaßen zelebriert sie ihre Bühnenenden – um kurz darauf quicklebendig wieder aufzuerstehen und ihrem Alltag nachzugehen. Für ihr Kind ist das ein Rätsel (“Mama, stirbst du morgen schon wieder?”) – und genau darin liegt der poetische Kern des Abends: das Staunen über die vielen Leben, die Erwachsene führen können. Für Bettina Wechselberger, die zum ersten Mal am Vorarlberger Landestheater zu erleben ist, ist diese Produktion ein eindrucksvolles Debüt: Sie singt grandios, spielt mit großer Präsenz und Humor – und zeigt eine wunderbare Balance zwischen Opernpathos und spielerischer Leichtigkeit.

Die Bühne von Luisa Costales Pérez-Enciso verwandelt sich ständig: mal Opernkulisse, mal Kinderzimmer, mal Traumlandschaft. Simon Prantners Licht schafft magische Übergänge, während Arndt Rausch am Klavier den Ton angibt. Als Vater stellt der Musiker in dem Stück sogar seine schauspielerischen Qualitäten unter Beweis. Besonders hervorzuheben ist die Darbietung von Rebecca Hammermüller: Mit Witz und kindlichem Charme spielt sie die Tochter Emma, die zwischen Faszination, Neugier (“Warum werden eigentlich immer Frauen in Opern ermordet?”) und kindlichem Übermut hin- und herpendelt.

Die Bühnenfassung von Daniela Egger, die 2024 mit dem Kunst- und Kulturpreis der Vorarlberger Nachrichten ausgezeichnet wurde, balanciert klug zwischen Kinderperspektive und Erwachsenenreflexion: Im Publikum lachen nicht nur die jungen Zuschauer über die kuriosen Tode, auch für die Erwachsenen ist die Minioper ein Vergnügen voller Witz und Tiefgang.
“Die Bühnentode meiner Mutter” ist ein poetisch-musikalisches Spiel über das Sterben, das Leben – und alles dazwischen. Das Publikum quittiert die Uraufführung mit lang anhaltendem Applaus.
Weitere Aufführungen: Sonntag, 19. Oktober, 15 Uhr, Donnerstag: 4. Juni 2026, 15 Uhr, 7. Juni 2026, 18 Uhr, Großes Haus

