Ein Abend voller Witz und Fantasie

„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ am Vorarlberger Landestheater.
Bregenz Es gehört zu den schönen Konstanten von Michael Endes Werk, dass seine Fantasie nie bloß märchenhaft ausschweift, sondern stets als Raum der Erkenntnis wirkt, als Einladung zum klareren Blick auf eine Welt, die in ihren Routinen und Widersprüchen manchmal unheimlich gegenwärtig erscheint. Kaum ein Stoff entfaltet diese doppelte Bewegung so kunstvoll wie „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“, jener schillernde, wortverspielte Klassiker, der 1989 erschien und am Vorarlberger Landestheater nun, als Theaterstück, seine Bühnenkraft erneut unter Beweis stellte. Die Premiere am Freitagabend geriet zu einem vollen Erfolg, getragen von Spielfreude, einem hellhörigen Gespür für Endes Zwischentöne und einer ästhetischen Kreativität, die das junge Publikum ebenso mitriss wie die Erwachsenen im Saal.

Im Zentrum stehen zwei Vertreter des Bösen von eher überschaubarem Format: der Zauberer Beelzebub Irrwitzer und die Hexe Tyrannja Vamperl. Da ihre Bilanz an Übeltaten lückenhaft ist, droht ihnen der Entzug der Lizenz, höchste Zeit also für eine finale Schandtat. Das dafür gebraute Elixier, der titelgebende Wunschpunsch, kehrt Wünsche ins Gegenteil, ein dialektisches Prinzip, das sich auch in der Form des Abends widerspiegelt.

Dass das Vorhaben misslingt, liegt an einem ungleichen Duo: Kater Maurizio di Mauro und Rabe Jakob Krakel sind zwei widerwillige Helfer mit divergierenden Charakteren. In ihrer Gegensätzlichkeit liegt viel des komischen Potenzials des Abends, das durch Tempo, Körperspiel und eine sorgfältige Slapstick-Regie unterstützt wird.

Agnes Kitzler hat dem Stück ein packendes Tempo verliehen. Sie verbindet es mit einem feinen Sinn für Humor sowie einer spürbaren Zuneigung zur Vorlage. Dadurch entsteht eine Inszenierung, die sich mit leichter Hand zwischen Abenteuer und Satire bewegt. Zugleich hält sie an einer klaren, aufrichtigen Erzählhaltung fest. Sie meidet bewusst jede Form ironischer Brechung, weil sie dem inneren Puls der Geschichte mehr vertraut als äußerem Kommentar. In den klug gestalteten Übergängen während der Bühnenbildwechsel zeigt sich das sorgfältige Denken dieser Regie, die den Abend mit stiller Treffsicherheit zusammenhält. Ein mitreißender Song, der Kindern und Erwachsenen gleichermaßen gefällt, rundet diese gelungene Arbeit stimmig ab.

Politische Seitenhiebe auf Umweltzerstörung und Bürokratie werden nicht pädagogisch verpackt, sondern beiläufig integriert. Das ermöglicht zweierlei: Kinder können dem Handlungsstrang folgen und Erwachsene entdecken zusätzliche Ebenen. Das in allen Belangen überzeugende Ensemble – Elias Baumann, Luzian Hirzel, Maria Lisa Huber, Nurettin Kalfa und Suat Ünaldi – wechselt gekonnt zwischen Überzeichnung und Konzentration. Die Figuren gewinnen Profil, ohne aus dem erzählerischen Rahmen zu kippen. Besonders die Szenen des tierischen Paars profitieren vom Timing und der fein dosierten Komik der Körperarbeit. Ein besonderer Gewinn liegt in der Ausstattung: Marina Deronja entwirft ein Bühnenbild mit starkem Farbkonzept, das weder realistisch noch abstrakt wirkt, sondern den Raum öffnet. Die Kostüme sind verspielt, ohne kitschig zu wirken. Tom Barcals Lichtdesign steuert klare Stimmungsakzente bei, und Oliver Raths Musik arbeitet wirkungsvoll mit. Durch rhythmische Akzente zieht sie den Abend an den richtigen Stellen zusammen.

Dass Michael Endes Text auch mehr als dreißig Jahre nach Erscheinen als Gegenwartsdiagnose funktioniert, liegt weniger an seiner Aktualität als an seiner Struktur: Das Spiel mit Umkehrungen, Sprachmasken und moralischen Verknotungen bleibt lesbar. Dieser Abend zeigt, wie nah beieinander Sprache, Theater und Reflexion stehen können, wenn man ihnen nicht im Weg steht.
