Ansatzweise ausformuliert als dialogischer Parcours

Kultur / 01.12.2025 • 11:38 Uhr
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Der Dialog der beiden Künstlerinnen erzeugt ein Spannungsverhältnis, das nicht aufgelöst, sondern fortgeführt wird. Lisa Althaus

Ausstellung von Lisa Althaus und Heidi Comploj in der Villa Claudia in Feldkirch.

Feldkirch In der Villa Claudia in Feldkirch treten derzeit zwei Positionen in einen konzentrierten Austausch. Unter dem Titel “ansatzweise ausformuliert” zeigen Heidi Comploj und Lisa Althaus Arbeiten, die auf eigenständigen künstlerischen Verfahren beruhen, sich in der Gegenüberstellung jedoch wechselseitig kommentieren. Kommunikation, Information und Erinnerung sind die übergreifenden Themen und zwar nicht als Behauptung, sondern als Struktur. Die Ausstellung gliedert sich in fünf Räume, in denen sich differente Werkhaltungen entfalten, überschneiden und gelegentlich überlagern.

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Heidi Comploj“ansatzweise ausformuliert” benennt ein methodisches Vorgehen.

Bereits im ersten Raum (Traumfragmente) wird das Prinzip der Instabilität etabliert. Comploj zeigt halbtransparente Textilarbeiten, deren Ausgangspunkt überlagerte, teils digital veränderte Fotografien sind. Die Stoffe hängen frei im Raum, reagieren auf Bewegungen, erzeugen Durchblicke und irritieren die perspektivische Ordnung. Die Arbeiten veranschaulichen Erinnerung nicht als inhaltlich fixiertes Gedächtnis, sondern als körperlich und räumlich verankerten Prozess. Wahrnehmung wird zum Bestandteil der Arbeit.

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Heidi ComplojAusstellung von Lisa Althaus und Heidi Comploj in der Villa Claudia in Feldkirch.

Der Raum Pas de deux fokussiert die Frage nach Kommunikation. Comploj reduziert Sprache auf typografische Elemente, die als visuelle Impulse erscheinen. Althaus antwortet mit bildlichen Fragmenten, deren ikonografischer Gehalt nur andeutungsweise erkennbar bleibt. Beide Seiten verzichten auf lineare Lesbarkeit. Die Kommunikation wird zum offengehaltenen System. Form und Inhalt divergieren, was bleibt, ist ein kontrollierter Bruch zwischen Bedeutungsträger und Mitteilung.

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Lisa AlthausAusstellung von Lisa Althaus und Heidi Comploj in der Villa Claudia in Feldkirch.

Informationssysteme zeigt ein erweitertes Begriffsverständnis von Information. Althaus kombiniert Filzobjekte, die an biologische Netzwerke, konkret Pilzmyzelien, erinnern, mit Codierungen aus dem Morsealphabet. Das Wort „Orpheus“ steht als kulturelle Chiffre für Übergänge, Schwellenzustände, das Verhältnis von Sichtbarem und Nicht-Sichtbarem. Biologische Struktur und menschliche Codierung treten in Dialog, ohne synthetisch zu werden. In Kopfknotenlöser verlagert sich der Fokus auf die Schnittstelle zwischen Wahrnehmung und Interpretation. Comploj arbeitet mit keramischen Objekten, die Assoziationen zu Schädeln oder abstrahierten Gehirnformen auslösen. Althaus ergänzt freie bildnerische Notationen. Die Arbeiten umkreisen das Verhältnis zwischen physischem Körper, Bildproduktion und gedanklicher Struktur.

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Heidi ComplojAusstellung von Lisa Althaus und Heidi Comploj in der Villa Claudia in Feldkirch.

Im Abschlussraum Spuren wird das Thema Erinnerung konkretisiert. Comploj kondensiert Reiseimpressionen zu reduzierten grafischen Spuren. Althaus verwendet biografisch belegte Materialien wie etwa Wabenrähmchen aus der Imkerei des Vaters oder Bücher des Großvaters, die durch Collage, Fragmentierung und Transparenz neue Leseschichten erzeugen. Erinnerung erscheint nicht als nostalgische Rückschau, sondern als materiell codierter Zugriff auf gelebte Zeit.

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Lisa AlthausAusstellung von Lisa Althaus und Heidi Comploj in der Villa Claudia in Feldkirch.

“ansatzweise ausformuliert” benennt kein Defizit, sondern beschreibt ein methodisches Vorgehen. Die Ausstellung entfaltet sich nicht als Erzählung, sondern als offenes System. Der Dialog der beiden Künstlerinnen bleibt asymmetrisch, doch in dieser Differenz entsteht ein produktives Spannungsverhältnis, das sich nicht auflöst, sondern weiterführt.

Lisa Althaus und Heidi Comploj
“ansatzweise ausformuliert”
Villa Claudia, Bahnhofstraße 6, Feldkirch
Öffnungszeiten: Fr 16 bis 18 Uhr | Sa 15 bis 18 Uhr | So 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr
Bis 21. Dezember 2025