Von Jerusalem nach Hohenems

Irene Aue-Ben-David wird neue Direktorin des Jüdischen Museums Hohenems.
Hohenems Die Historikerin Irene Aue-Ben-David, sie promovierte an der Universität Göttingen im Fach Neuere Geschichte, übernimmt die Leitung des Museums ab April 2026. Sie tritt die Nachfolge von Hanno Loewy an, der das Haus über zwei Jahrzehnte lang geprägt und zu einem überregional profilierten Ort jüdischer Kulturgeschichte gemacht hat. Die gebürtige Hildesheimerin leitet seit 2015 das Leo Baeck Institut Jerusalem, eine international vernetzte Forschungseinrichtung mit Standorten in London, New York und Berlin, die sich der Erforschung und Vermittlung deutsch-jüdischer Geschichte widmet. Ihre Bestellung in Hohenems geht auf ein zweistufiges, international ausgeschriebenes Verfahren zurück. Es wurden 16 Bewerbungen eingereicht, vier Kandidatinnen und Kandidaten wurden zum Hearing geladen, zwei kamen in die engere Auswahl. Die Empfehlung der Findungskommission fiel einstimmig aus.

Romuald Kopf, der Obmann des Trägervereins und Leiter der Kommission, begründete die Entscheidung neben der fachlichen Exzellenz, den Führungsqualitäten, den analytischen und kommunikativen Fähigkeiten, der Einsatzbereitschaft sowie der Begeisterungsfähigkeit auch „mit der besonderen Ausstrahlung der künftigen Direktorin“. Aue-Ben-David habe durch eine „lebenskluge Unaufgeregtheit“ und eine „nachhaltige Überzeugungskraft“ überzeugt. Der Zeitpunkt ihres Besuchs am Montag sei beinahe symbolisch, so Kopf: „Es ist ein sehr glücklicher Zufall, dass Irene Aue-Ben-David am ersten Tag des Chanukka-Festes zu uns gekommen ist. Wenn im kommenden Jahr Hanno Löwy in Pension geht, endet eine Ära – eine Ära, in der er diesem kleinen Haus eine überproportionale Strahlkraft verliehen hat.“

Hanno Loewy, seit 2004 im Amt, zeigte sich überzeugt, dass das Museum vor einer stabilen Zukunft steht. Es sei eine Einrichtung mit gewachsenem Rückhalt und einem eingespielten Team. Dass die künftige Leitung auf dieses Fundament aufbauen könne, wertete Loewy als Vorteil und bot seiner Nachfolgerin Unterstützung an, sollte sie diese wünschen. In seiner Amtszeit entwickelte sich das Haus zu einem weithin sichtbaren Ort der Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte. Ausstellungen, Publikationen und Vermittlungsformate aus Hohenems fanden weit über Vorarlberg hinaus Beachtung.

Bei ihrer Vorstellung in Hohenems betonte Irene Aue-Ben-David die Verbindung von regionaler Geschichtsarbeit und internationaler Wirkung als zentrale Stärke des Museums. Sie selbst komme „aus der Forschung“ und nicht aus der Museumsarbeit, sehe darin aber keine Einschränkung. Sie wolle in die Arbeit vor Ort hineinwachsen und auf die Erfahrung des bestehenden Teams setzen. Vor ihrer Bewerbung war die Historikerin das Museum bereits aus der Fachwelt bekannt. Publikationen, Ausstellungen und Vermittlungsarbeit waren ihr vertraut, ebenso der exzellente Ruf des Hauses. „Es sind die Errungenschaften von Hanno Loewy und seinem Team, die die breite jüdische Geschichte neu erforscht und lebendig präsentiert haben. Das ist ein enormer Meilenstein und zugleich ein Auftrag.“
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Die Tatsache, dass Hohenems in einer Grenzregion liegt, hat für sie von Beginn an eine besondere Faszination ausgeübt. An diesem Ort lasse sich die Vielschichtigkeit jüdischer Geschichte unmittelbar greifbar machen. Ein fertiges Konzept bringt Aue-Ben-David bewusst nicht mit. Sie sieht ihre Aufgabe darin, Bestehendes aufzugreifen und weiterzuführen sowie neue Perspektiven zu entwickeln. Gerade in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lage sei es zentral, dass Einrichtungen wie das Jüdische Museum präsent bleiben, öffentliche Räume besetzen und Angebote zur Auseinandersetzung schaffen. Mit dem Wechsel nach Hohenems beginnt für Aue-Ben-David ein neues Kapitel, in dem sie ihre bisherige Forschungsarbeit mit Vermittlungsfragen verbindet und die lokale Arbeit mit internationalen Kontexten verknüpft. Damit hat das Museum die Möglichkeit, neue Akzente zu setzen, ohne die gewachsene Identität aus den Augen zu verlieren.