„Mohrenkämpfe“
Zum VN-Kommentar von Dr. W. Burtscher, VN vom 22. Juni:
Wieder einmal ein kluger, wissender und erhellender Kommentar von unserem ehemaligen ORF-Intendanten! Nicht die Begriffe und Wörter sind die Schuldigen, sondern die Schallplatte in unseren Köpfen, die sich stets um denselben Mittelpunkt dreht. Nach dieser noch nicht abgeschlossenen Coronaperiode, sollten wir wirklich unsere Zeit und Kräfte damit vergeuden, über sprachliche Begriffe zu debattieren? Stellen die täglichen, weltweiten Katastrophen etwa nicht den sinnvollen Mittelpunkt einer neuen Schallplatte dar? Sind Prof. Jean Ziegler und seine zahlreichen Bücher mit deren belegten Tatsachen des Welthungers und der Kindersterblichkeit („alle zehn Sekunden stirbt ein Kind unter zehn Jahren“) schon in Vergessenheit geraten? Zurzeit sind Diskussionen über Worte sekundärer, sinnloser Luxus. Bei den Salzburger Festspielen 2018 sagte Bundespräsident Van der Bellen: „Hüten wir uns vor freiwilliger Verzwergung!“ Es gibt eine Verzwergung der Prioritäten, und die ist fatal. Der kommentierende Michael Prack schrieb ganz richtig: „Eine falsch verstandene sprachliche Korrektheit, die gewisse Wörter wie Rassismus auslöschen möchte, ist vielleicht gut gemeint, ist letzten Endes Geschichtsfälschung.“ Wir müssen uns wohl oder übel zu unserer Historie bekennen, so unerträglich und schändlich sie auch sein mag. Schließlich geht es vor allem um das Bewusstsein und um ein tiefes Umdenken.
Günther Simonott, Bludenz