Türkise Stilblüten
Über die Sinnhaftigkeit von Untersuchungsausschüssen, wo sich die geladenen Zeugen nur daran erinnern, dass sie sich nicht mehr erinnern, kann man durchaus geteilter Meinung sein.
Wenn dann auch noch der Vorsitzführende seine neue intellektuelle Mutante in Sachen Wahrheitspflicht öffentlich zum Besten gibt, kriegt das Ganze auch noch eine skurrile Note. Warum ausgerechnet Nationalratspräsident Sobotka, der zudem als Zeuge geladen ist, den Ausschuss leitet, wo es um mögliche Verfehlungen seiner Partei geht, mag verstehen, wer will.
Wenn’s aber um die Grundprinzipien der österreichischen Verfassung geht, verbieten sich derlei politischen Spielchen. Das beginnt nicht zuletzt beim Bundeskanzler selbst, welcher dem Verfassungsgerichtshof unter anderem ausrichten lässt, man habe alle relevanten Daten geliefert.
Demzufolge bestimmt jetzt neuerdings der türkise Kanzler, was für den Verfassungsgerichtshof relevant ist. Immerhin hat er dem VfGH 692 Mails von Kanzleramtsmitarbeitern übermittelt, in denen diese bestätigen, dass sie nichts gefunden haben.
Dass angesichts derlei Vorbilder nun auch Finanzminister Gernot Blümel versucht, sein Bestes zu geben; wer mag es ihm verdenken. Allerdings, schon der leiseste Anschein, dass der Verfassungsgerichtshof bei der Kontrolle der obersten Staatsorgane behindert oder sein Tun relativiert wird, sollte die Verfassungsministerin Karoline Edtstadler auf den Plan rufen. Man darf gespannt sein.
Peter Morstein,
Rankweil