Beerdigung „im ­engsten ­Familienkreis“?

Leserbriefe / 05.12.2023 • 20:58 Uhr

Vor nicht allzu langer Zeit kannten viele das Sprichwort „Geteiltes Leid – halbes Leid“, geteilte Freude – doppelte Freude. Wenn ich so manche Todesanzeige lese, scheint die Erfahrung, dass Leid geteilt werden kann, verloren gegangen zu sein. Wenn zu einer Abschiedsfeier nur der „engste Familienkreis“ eingeladen ist, werden leider auch die nächsten Nachbarn „ausgeladen“. Dann höre ich oft von Bekannten oder Nachbarn des Verstorbenen, wie traurig und enttäuscht sie sind, dass ihnen die Gelegenheit zum persönlichen Abschied genommen wurde. Mit dem Liedrefrain „Zieh den Kreis nicht zu klein“ will der Liedermacher Surmund zu großzügigem, weitem Denken und Handeln motivieren. Wenigstens den nächsten Nachbarn, Freunden oder auch Arbeitskollegen sollte das Abschiednehmen nicht verwehrt werden. Nach christlichem Verständnis gehört „Tote begraben“ zu den Werken der Barmherzigkeit. Und – wenn ich dieses „im engsten Familienkreis“ ernst nehme, kann ich als Pfarrer auch nicht teilnehmen. Es ist die Erfahrung so vieler Trauernden, wie tröstlich auch nur ein kleines Zeichen der Anteilnahme sein kann.

Pfr. Peter Loretz, Rankweil