Die Tugend der Gleichgültigkeit?
Hat sich unser Land bereits derart an politische Abscheulichkeiten gewöhnt, dass uns die verstörenden Äußerungen eines FPÖ-Politikers kaltlassen? Bar jeder moralischen und politischen Verantwortung „informiert“ dieser inmitten einer biergeschwängerten Atmosphäre unter dem Gejohle seiner Anhänger über eine „lange Fahndungsliste“, die er im Falle eines Wahlsieges gegen politisch Andersdenkende herausholen will. Solch moralische Ungeheuerlichkeiten erinnern an die dunkelsten Tage unseres Landes. Aber es scheint, dass dieses Land dem Vergessen anheimfällt. Unser politisches System ist in keinem guten Zustand. Viele Bürger kämpfen mit den täglichen Herausforderungen, haben vielleicht Zukunftssorgen oder ärgern sich über „die Politik“. Aber das darf nicht bedeuten, dass wir radikalen Politikern und ihrem Herbeireden von autoritären, antidemokratischen Stimmungen mit lässiger Gleichgültigkeit begegnen.
Was für uns Bürger gilt, sollte jedoch für die vierte Gewalt im Staat noch viel mehr gelten. Sie sind es doch, die mit ihrer wichtigen Arbeit nicht nur eine Informationspflicht, sondern auch eine Kontrollpflicht im Sinne unserer demokratischen Ordnung ausüben. Dort scheint man jedoch mehr Gefallen daran zu finden, Verkehrsübertretungen des Finanzministers zum nationalen Thema zu machen, anstatt den Wecker für eine verschlafene Gesellschaft zu geben.
Hanno Schuster, Höchst