ÖVP-Taktik gegen
Van der Bellen
Der Bundespräsident hat seiner Ablehnung eines Regierungsbildungsauftrags an FPÖ-Chef Herbert Kickl eine grundlegende Einführung in Verhältniswahlrecht und repräsentative Parteiendemokratie vorangestellt. Eine 29-Prozent-Partei und deren Führung braucht eben das Vertrauen nötiger Regierungspartner sowie des Bundespräsidenten. Dieses Vertrauen ist in allen geführten Gesprächen deutlich nicht zum Ausdruck gekommen. Einige ÖVP-Landeshauptleute, voran Steiermarks Christopher Drexler, wollen dies aber vorgeblich nicht verstehen. Kickl hätte zuerst den Regierungsauftrag bekommen sollen. Dabei wäre es doch nachvollziehbar sinnlos und zeitverschwendend gewesen, jemandem einen solchen Auftrag zu erteilen, mit dem aufgrund äußerst rechter Inhalte und Rhetorik scheinbar niemand koalieren will. Nur um ihn ganz höchstpersönlich scheitern zu lassen. Aber geht es darum wirklich? Ein offizieller Regierungsbildungsauftrag Van der Bellens an den FPÖ-Chef hätte nämlich bedeutet, dass der Bundespräsident Herbert Kickl letztlich doch als kanzlertauglich bewertet und damit von allen demokratiepolitischen Vorwürfen rehabilitiert. Und dieser damit verstärkte Druck insbesondere auf Karl Nehammer, es quasi mit Unterstützung des Bundespräsidenten vielleicht doch noch mit der FPÖ als naheliegendem Koalitionspartner zu versuchen, wäre einigen ohnehin bereits mit der FPÖ koalierenden Landeshauptleuten und Kreisen aus Wirtschaftsbund und Industriellenvereinigung wahrscheinlich gar nicht so unrecht gewesen. Für diese Taktik stand Van der Bellen nicht zur Verfügung.
Alt-LAbg. Dr. Gerhard Zechner,
Bregenz