Homo sapiens und der böse Wolf
In letzter Zeit wird wieder vermehrt über Wolfsrisse berichtet. Mediale Aufschreie und Forderungen nach einer „Entnahme“ des Wolfes werden kontrovers diskutiert. Zweifelsohne bedeutet jedes gerissene Tier eine Tragödie, mit der man als Besitzer lieber nicht konfrontiert werden möchte. Doch wie steht es mit unserem Wissen über die gängigen Praktiken in der landwirtschaftlichen Tierhaltung? Wussten Sie, dass Kühe normalerweise zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre alt werden, Milchkühe aber höchstens fünf bis sechs Jahre? Oder, warum männliche Kälber in der Milchindustrie als „Abfallprodukt“ gelten und deshalb in den vergangenen Jahren über 12600 Rinder exportiert wurden? Aktivisten des „Vereins gegen Tierfabriken“ haben Recherchen angestellt und dokumentiert, was diese bedauernswerten Tiere in den Zielländern erwartet: Die Rinder wurden mit verbundenen Augen auf den Schlachtplatz geführt. Mit der an ihrem Bein befestigten Metallkette wurden sie nach oben gezogen. Ein Schnitt in die Kehle, minutenlanges, verzweifeltes Ringen mit dem Tod, bis es endlich vorbei ist. Wie ist es um das Gewissen jener Tierbesitzer bestellt, die ihrer Verantwortung für das Wohlergehen dieser Lebewesen nicht nachkommen, und wie um das jener Beamter, die mit ihren Signaturen solche Tausende Kilometer lange, unvorstellbar grauenhaft leidvolle Transporte ermöglichen? Wer fürchtet sich vor dem bösen Wolf?
Edith Ritter, Hohenems