Weihnachten, das Fest unserer Würde

Leserbriefe / 26.12.2025 • 22:22 Uhr

Gar nicht so falsch

Eine witzige Anekdote erzählt: Eine junge Frau in Amerika kam in eine Gebetsrunde und sagte voller Stolz: „Stellt euch vor, Jesus ist mir erschienen.“ Alle fragten: „Und – was hat er gesagt, wie schaut er aus?“ Sie antwortete: „She was black!“ – Sie war schwarz! In diesem Jesus hat Gott ein Menschengesicht bekommen. Wir alle schauen Gott gleich, egal welche Hautfarbe oder welches Geschlecht wir haben. Und weil wir Gottes Ebenbilder sind, haben wir alle eine königliche Würde, die uns niemand nehmen kann. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in der deutschen Bundesverfassung.

Eine super Idee

Der Künstler Ralf Knoblauch hat über 1000 Königsfiguren aus Treibholz geschnitzt und bemalt. Er hat sie dann als Botschafter in alle Länder ausgesandt, damit sie den Menschen der ganzen Welt verkünden: Ihr seid auch Könige, Königinnen. Beim 60-Jahr-Jubiläum des Bildungshauses Batschuns wurden von dort solche Königsfiguren an verschiedene Orte unseres Landes geschickt, damit sie überall diese wichtige Botschaft weitersagen. Zwei Könige kamen in die Palliativstation und das Hospiz am See. In diesen Einrichtungen finden die Schwerkranken eine würdevolle, ja sogar königliche, aufmerksame, liebevolle Begleitung, können Menschen auch in Würde sterben.

Ein König fand im Caritascafé Aufnahme, damit Menschen mit Alkohol- oder Suchtproblemen, ebenso Migranten*innen zugesagt bekommen, dass sie alle etwas von Gott widerspiegeln. Darin gründet auch ihre Würde. Ein anderer König wurde ins BAFEP, die Kindergärtner*innen-Schule gebracht. Alle Schüler und Schülerinnen unseres Landes sollen mit dem ethischen Grundsatz vertraut werden, dass jeder(!) Mensch eine Würde hat und dass wir einander auch dementsprechend begegnen sollen. Jedes Mobbing, jede Ausgrenzung, jede Ungerechtigkeit widerspricht dieser Überzeugung.

Die Könige werden auch noch andere soziale Einrichtungen aufsuchen, Pflegeheime oder Wohngemeinschaften und Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen. Gerade dort ist es wichtig, dass diese eine wertschätzende und respektvolle Betreuung erfahren.

Kommen Könige auch in die Kirche?

Ich fände es nötig, denn ich frage mich oft, wann die Kirche endlich die Taufe ihrer Mitglieder ernst nimmt. In der Taufe erhalten wir als Kinder Gottes grundsätzlich eine königliche Würde, die uns alle gleichwertig macht. Wer kann mir sagen, mit welchem Recht z.B. Frauen oder Verheiratete von verschiedenen Ämtern ausgeschlossen werden? Auch die aus der Kirche Ausgetretenen haben die gleiche Würde, und die Geschiedenen und die „Homosexuellen“ ebenfalls. Alle, alle!

Wenn bald einmal die Drei Könige von Haus zu Haus ziehen, veranschaulichen sie, dass die Menschen aller Hautfarben, aller Kontinente und Altersstufen selbstverständlich gleichwertig sind. Sie sollen gerade in ihrer Vielfarbigkeit Botschafter*innen der Menschenwürde sein. Und das „Liebe Schwestern und Brüder“ in der Messe darf keine leere Floskel bleiben.

Und unsere persönliche Würde?

Die Könige sollen uns daran erinnern, dass wir Gottes Liebe wert sind. Viele Menschen leiden an Minderwertigkeitsgefühlen. Das mag verschiedene Gründe haben. Sie sollten beten lernen:

„Ich bin wert, auch wenn ich vieles an mir entdecke, das mich entmutigt und bekümmert.

Ich bin wert, auch wenn ich schuldig geworden bin und es mir schwerfällt, mir zu verzeihen.

Ich bin wert, auch wenn es Menschen gibt, die mich ablehnen.

Ich bin wert, auch wenn ich wenig Beachtung und Anerkennung bekommen habe und nur wenig vorzuweisen habe. Ich bin wert, auch wenn andere mir Unrecht getan oder mich zurückgestoßen haben.

Trotz allem hat mein Leben einen Wert, weil ich von dir, du menschenfreundlicher Gott, gewollt und geliebt bin. Lass mich gerade im Blick auf die Krippe und das Migrantenkind Jesus das glauben lernen!“ Dieser Jesus macht unsere Würde sichtbar, weil er zeigt, dass Gott immer noch „der große Verrückte“ ist, der das Projekt Mensch durchzieht trotz aller Unmenschlichkeiten.

Das Fest der Geburt Christi ist im Grunde ein provozierendes Fest, weil es unsere königliche Würde anschaulich macht. Weil Jesus ein König der anderen Art ist, sind wir als seine Brüder und Schwestern auch adelig, königlich.

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