Dieser Koch hat ein Rezept für’s Leben: Neue Projekte statt Ruhestand

Wolfgang Ponier hat alles erreicht, was man als Koch erreichen kann: Er hat Sterne erkocht, den Küchennachwuchs unterrichtet und gefördert, Bücher geschrieben und Preise eingeheimst. Nach seiner Pensionierung will er regionale Produkte ins Scheinwerferlicht holen.
Götzis Er genieße das neue Leben in vollen Zügen, berichtet Wolfgang Ponier, der vor kurzem seinen “Ruhestand” angetreten hat. Was Ponier als Ruhestand bezeichnet, ist für andere allerdings mehr als eine Vollzeitbeschäftigung. Im November wäre sein letzter Arbeitstag als Lehrer an der Landesberufsschule Lochau gewesen. Wäre, weil er noch den von ihm im Land initiierten Lehrgang “Junior Master Chef” bis zum Abschluss begleiten wollte. Denn was er Zeit seiner Lehrertätigkeit anstrebte, war, die Begeisterung für den Beruf bei jungen Menschen zu wecken. “Zuerst braucht es die Begeisterung, dann kommt das Fachwissen”, fasst er zusammen, was er in den vergangenen 25 Jahre als Ausbilder erfahren und auch umgesetzt hat.
“Meine zweite Lehre”
Bevor er Lehrlingen Fachwissen vermittelte, sammelte er es selbst. “Ich habe meine Ausbildung im Posthotel Rössle in Gaschurn gemacht und war in der Berufsschule Lochau.” Richtig los ging es für den Koch nach der Lehre im Jahr 1979: Nach Stationen in renommierten Vorarlberger Restaurants arbeitete er erst einmal eine Weile als Tischler – das war mit seiner Motorradclique und deren Ausfahrten besser vereinbar. Als das abgehakt war, heuerte er im Schweizer Nobelskiort Klosters an und “machte in der Post Eua meine zweite Lehre”, erzählt er. Gelernt hat er dort, wie man alles selbst macht – vom Lachsräuchern bis zur Graubündner Salziz-Wurst. Auch Schafe hatte Wirt John Erhart. “Die trieben wir im Herbst ins gemeindeeigene Schlachthaus, dann gab es Lammspezialitäten”.

Das Talent des damals noch jungen Vorarlbergers erkannte auch der damals bekannteste Schweizer Koch – Roland Jöhri, der ihn nach St. Moritz zuerst ins Haus Paradies holte und dann ins bekannteste Restaurant im Engadin, ins Talvo. Im Sternerestaurant verkehrte die Welt – von Gunter Sachs bis zum Schah von Persien, Schauspieler und Industrielle. Auch beim ersten St. Moritz Gourmet Festival stand er am Herd. Nach der Zeit als Chefkoch im Talvo machte er Station bei Anton Mosimann nach London, danach weitere Stationen in Singapur und Hongkong.
Entscheidung für Schule
Im Talvo lernte Wolfgang Ponier auch seine Frau Rosemarie kennen, die dort den Service leitete und, so der Koch aus Leidenschaft, fortan an seiner Seite steht – “beruflich und privat, wir sind ein starkes Team”. Die erste der beiden Töchter Julia und Helena kam noch in St. Moritz auf die Welt. Und Ponier startete in die nächste Phase – übernahm kurz die Küche im Torggel Röthis, wechselte dann aber nach Liechtenstein in die Lebensmittelindustrie. Obwohl dafür begabt und hochbezahlt, entschied er sich schließlich für Vorarlberg und den Herd und bewarb sich an den Schulen Bludenz und Lochau. “Da habe ich am Anfang schon geschluckt, als ich den Lohnzettel sah”, erzählt er. Und das zu einer Zeit als die junge Familie wuchs und ein Eigenheim im Entstehen war.

Dienst nach Plan war allerdings nicht sein Ding. “Mit Direktor Maurer hatte ich einen guten Zuhörer”, mit der Zeit und mit dem Zutun der Kollegen konnten Neuerungen durchgesetzt werden – es entstanden Bücher und Projekte, die z. B. vom “Fonds Gesundes Österreich” gefördert wurden und mit Preisen ausgezeichnet wurden. Auch ein gastronomisches Brettspiel hat der rastlose Lehrer entwickelt, um den Beruf zu fördern. Mit der Schule hat er noch nicht abgeschlossen: Er würde gerne den Lehrplan ändern und statt Schule nach Stundenplan eine nach Thema einfhühren, die Slow Food-Prinzipien an der Schule einführen. Dank seines Netzwerkes hat er auch Zeit seiner Tätigkeit als Lehrer für Schüler Praktikumsplätze bei Sterne- und Haubenköchen vermittelt.

Slow Food ist auch sein nächstes großes Thema. Mit der Organisation, die regionale Lebensmittel und Gerichte ins Scheinwerfer-Licht holt, will er, der nächste Woche bei der Hauptversammlung die Führung des Conviviums Vorarlberg übernehmen soll, mehr Bewusstsein für die Schätze im Land schaffen. Angedacht ist eine Köcheallianz, Popup-Restaurants und eine Slowfood-Schau. Keine Frage, dass er dafür auch schon Partner gefunden hat, denn wenn er etwas kann, ist es Menschen mitzureißen. Und was er Zeit seines Lebens gezeigt hat, ist, dass er dann auch umsetzt, was er sich ausdenkt. Was er jetzt wirklich in der Freizeit macht? “Ich hab mir vorgenommen, den zweiten Dan (also die zweite Stufe des schwarzen Gurtes) im Karatesport zu schaffen. Das ist in meinem Alter noch möglich.“ Na dann.

Zur Person
Wolfgang Ponier
Geboren 26. 4. 1961
Wohnort Götzis
Familie verheiratet mit Rosemarie, Töchter Julia und Helena
Ausbildung Kochmeister, Pädagoge (Ausbildung zwei Jahre berufsbegleitend. anschließend ein Jahr in Innsbruck
Hobbies Motorradfahren, Karate
Gastronomische Aktivitäten Slow Food Vorarlberg, Brotherhood of Culinary Chef Academy