Immer gegen die Sekttrinker
Die Koalitionsverhandlungen sind jetzt im End-Endspurt (wenn es stimmt, wird heute um 10 Uhr die neue Regierung präsentiert) und es geht jetzt ans Eingemachte. Nicht das Eingemachte der Damen und Herren Verhandler natürlich, es geht um das Eingemachte von – sagen wir es so – Minderheiten, die nicht unbedingt auf einen Mitleidsbonus zählen können.
Geld in die leeren Staatskassen spülen sollen eine kräftige Anhebung der Schaumweinsteuer, die Erhöhung der Tabaksteuern und natürlich ein neuerlicher Obolus für Autoeigner. Wie man gerade diese drei Einnahmequellen gefunden hat, dürfte auf die herkömmliche politische Methode zurückzuführen sein: Familien sind tabu, da hat man sich auch diesmal schon die Finger verbrannt – und es betrifft viel zu viele Wähler. Die Arbeitnehmer per se sollte man auch nicht reizen – sie stellen das Gros des Wahlvolkes. Schon leichter hat es die „Einnahmengenerierungskommission“ bei den Unternehmern: Nur knapp vier Prozent der Österreicher sind selbstständig – bei Wahlen eine vernachlässigbare Größe. Und diese Gruppe hat einen unschlagbaren Vorteil für die Sozialdemokraten: Für alle sichtbar werden die sogenannten „Reichen“ geschröpft.
Weil’s plakativ am besten geht: Auch Sekttrinker haben nicht unbedingt das beste Image. 75 Cent pro Flasche, da wird sich niemand aufregen. Und das Bild des champagnerschlürfenden Kapitalisten hat jeder im Kopf. Zahlen werden aber jene, die sich jetzt zum Jahreswechsel die Flasche Sekt um 2,50 Euro kaufen, mithin die Wähler der Sozialdemokraten also.
Noch eine Minderheit, die im Abseits steht, hat ihren Teil zu den erfolgreichen Koalitionsverhandlungen beigetragen. Die Raucher, längst Parias aufgrund ihrer Qualmerei, retten zum wiederholten Mal das Budget. Widerstand gibt’s nicht, sonst werden die Nichtraucherwerte weiter gesteigert. Wer passt noch ins Opferschema geübter Koaltionäre? Die Autobesitzer, deren gesellschaftliches Ansehen sich ebenfalls seit Jahren im Sinkflug befindet. Außerdem sind sie wirklich leidgeprüft durch Steuern aufs Mobil, auf die Straßen und den Treibstoff.
Wenn es sich wieder nicht ausgeht mit dem Budget, werden die Großkoalitionäre sicher noch einige weitere Minderheiten finden, die helfen, den Haushalt zu sanieren. Wie wäre es denn mit Politikern? Eine verschwindend kleine Minderheit, der es bislang immer gelungen ist, sich bei Sparmaßnahmen unsichtbar zu machen.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
Kommentar