“An uns kommt keine Wäschemarke vorbei”

Zwischenwasser. Bertold Bischof leitet Rueff Textil, die größte Textildruckerei in Österreich. Im Interview spricht er über die heutigen Herausforderungen in der Textilbranche, wieso jeder Meter ein Kunstwerk ist und wie Friedensreich Hundertwasser einst nach Zwischenwasser kam.
„Wir drucken alles, solange es nicht kleinkariert ist und engstirnig“ kann man auf Ihrer Homepage lesen. Gibt es diese Freiheit in der Welt der Wäscheproduzenten überhaupt?
Bischof: Wir haben uns in den letzten Jahren immer mehr auf den Wäschemarkt fokussiert. Wir bedrucken Tag- und Nachtwäsche – also alles, was man am Leib trägt, vom BH bis zum Pyjama, wir entwickeln Stoffe und Muster. Künstlerischen Freiraum kann man sich je nach Marktstellung schaffen. Es gibt Tendenzen und Rahmen, in denen man sich bewegen muss, aber wir haben die Freiheit, den Kunden vorzustellen, was für uns richtig ist, und viele folgen uns. Da sind wir schon oft der Treiber.
Kreativität gehört zu Ihrem Image. Inwieweit kann man diese Sichtweise in der heutigen Wirtschaftswelt leben?
Bischof: Textildruck ist angewandte Kunst, deshalb ist jeder Meter ein Kunstwerk. Ich glaube, bei uns macht das feine Handwerk, das Feintuning, schon viel aus. Man kann das nicht mit einer großen Maschine oder mit Technologie machen. Der Drucker, der Farbmacher, die Coloristin – jeder arbeitet bei uns mit Liebe zum Detail. Es sind viele kreative Menschen. Wir finden das gut und fördern diese Talente. In Summe hat unsere Firma eine Handschrift, die man sofort am Produkt erkennt. Ich kann durch ein Geschäft gehen und ohne dass ich jedes unserer Muster im Detail kenne, sagen, dass das von uns ist. Nicht nur wegen des Musters, sondern auch wegen der Art des Drucks.
Jeder Mitarbeiter bekommt bei Rueff einen Baum …
Bischof: Am Anfang hat jeder Lehrling einen Baum bekommen. Wenn es dem Baum gut gegangen ist, war er auch in der Schule gut. Wir haben viele Bäume, wir kultivieren das, auch in der Produktion. Den Yucca-Palmen dort geht es wunderbar.
Die Textilindustrie in Europa ist weiter auf dem Rückzug, wie wirkt sich das auf Ihr Unternehmen aus?
Bischof: Wir sind Teil der Wäscheindustrie und nicht Teil der Druckindustrie. Seit ich in dem Geschäft bin, war es immer nur ein schrumpfender Markt. Viele Firmen sind weg und es ist ein Erfolg, dass wir noch da sind. Unsere Marktstellung ist deutlich besser als noch vor zehn Jahren. Viele Firmen kommen auch aus Asien wieder zurück. Dort gibt es Umweltprobleme, steigende Löhne, der Dollar ist nicht immer zum Vorteil für den Importeur, die Mengen werden kleiner. Wir spüren diese Tendenz, das ist nicht nur eine Hoffnungsprognose. Die Menschen merken eine gute Qualität. Die große Gefahr ist aber, dass die Konsumenten irgendwann die Wertigkeit von Textil nicht mehr sehen.
In welche Märkte werden Rueff-Drucke geliefert?
Bischof: Österreich ist kein großer Markt für uns. 95 Prozent ist Export. Und Export heißt für uns Europa, denn wir können unser Produkt nicht wahnsinnig weit transportieren. Es gibt in Europa keine Wäschemarke, die auch in Europa produziert, und nicht mit uns zusammenarbeitet. Da kommt niemand an uns vorbei.
Das Rueff-Firmengebäude wurde von Friedensreich Hundertwasser entworfen. Wie kam es dazu?
Bischof: Er war auf einmal da und mein Vater hat die Chance ergriffen. Er wohnte in Neuseeland und wollte eine Fahne. Er wollte ein vibrierendes Grün im Halbschatten, das nicht zu flach ist. In einer Wiener Fahnenfabrik haben sie ihn nicht verstanden. Wir haben sofort verstanden, was er wollte, denn bei uns ist Grün nicht Grün. Die Fahne hat ihm gefallen, unsere Fabrik nicht. Er hat dann bei uns zu Hause gewohnt und hat das ganze Gebäude entworfen. Dadurch ist unsere Affinität zur Kunst noch einmal gestiegen.
Mit dem Kunstprojekt Art-Rueff, bei dem Werke von Künstlern auf Textilien verewigt wurden, haben sie aufgehört. Warum?
Bischof: Wir haben immer zu den Messen ein Kunstwerk oder einen Künstler als Einladung präsentiert. Dadurch ist das Art-Rueff entstanden. Es hat allen gefallen, aber ein Geschäft war das für uns nie. Darum machen wir das heute nicht mehr. Das war eine strategische Entscheidung. Wir müssen jährlich vier Millionen Meter drucken, wir sind die größte Textildruckerei in Österreich, und können daher nicht mit Seidenschals einen Industriebetrieb füllen. Man muss fokussieren und sagen, das mache ich besser als die anderen.
Sie sind auch Geschäftsführer von Capo …
Bischof: Ich bin Geschäftsführer, mache das Geschäft aber nicht. Man kann nur eines machen und es ist ein ganz anderes Geschäft mit ganz anderen Kunden. Capo ist hundert Jahre alt, es ist eine lässige Firma mit einem guten Produkt.
Wir möchten ein grünes Unternehmen sein, so gut es für einen Textilveredelungsbetrieb eben geht.



Kennzahlen
Rueff Textil
» Standort: Zwischenwasser
» Exportquote: 95 Prozent (Schwerpunkt Europa)
» Mitarbeiter: 55
» Produktionsmenge: 4 Millionen Meter im Jahr
» Gesellschafter: Bertold Bischof, Markus Kopf (je 50 %)
» Geschäftsführer: Bertold Bischof (seit 1996)
» Umsatz 2012: 11,58 Mill. Euro
Capo Austrian Headwear
» Standort: Egg
» Gesellschafter: Markus Kopf (74,2857 %), Bertold Bischof (25,7143 %)
» Produkte: Hüte, Kappen, Mützen
Zur Person
Bertold Bischof
Rueff Textil GmbH Zwischenwasser (Geschäftsführer und 50-Prozent-Eigentümer), Capo Headwear GmbH Egg (Geschäftsführer und 25,7143-Prozent-Eigentümer), Funktionär in der Wirtschaftskammer Vorarlberg
Geboren: 1. April 1961
Ausbildung: Pflichtschule, Kolleg für Textilchemie in Wien, Studium Betriebsinformatik, verschiedene Auslandspraktika in Amerika, Dänemark und Holland
Laufbahn: 1987 Einstieg bei Rueff Textil, nebenbei zwei Jahre Studium in
St. Gallen (internationale Betriebswirtschaft)
Familie: verheiratet, zwei Kinder