„Ohne richtigen Senf ist man nicht daheim“

Lustenau. Felix Bösch und sein Cousin Stefan Bösch produzieren in vierter Generation ein Stück Vorarlberger Kulturgut. Denn für viele Vorarlberger ist „Lustenauer Senf“ zu einem unverzichtbaren Produkt geworden. Im Interview spricht Felix Bösch über die Faszination Senf, was den typischen Geschmack ausmacht und wieso die Kleinheit des Betriebs ideal ist.
Lustenauer Senf ist eines der bekanntesten Produkte Vorarlbergs. Aber kaum einer weiß Genaueres über Ihr Unternehmen. Wer sind die Menschen dahinter?
Bösch: Mein Cousin und ich führen das Unternehmen gemeinsam. Wir sind zwar „in aller Munde“ und nicht scheu, aber nicht wahnsinnige Adabeis und eher im Hintergrund. Wir stemmen den Betrieb nur zu sechst, produzieren aber rund 330 Tonnen Senf im Jahr.
Ihr Urgroßvater hat das Unternehmen 1911 gegründet. Wie schafft man es, am Puls der Zeit zu bleiben und Senf sogar zum Kultprodukt zu machen?
Bösch: Das funktioniert durch hohe Qualität und das um jeden Preis seit 1911. Wir sind ganz lange am Markt und damit auch ein Stück Kulturgut. Senf ist sicherlich kein Hauptdarsteller, eher etwas, was man im Vorbeilaufen mitnimmt. Aber trotzdem: Wenn es nicht den richtigen Senf gibt, dann meutern die Leute. Diese Treue sichert unsere Zukunft. Dafür sind wir sehr dankbar und tun alles dafür, dass es so bleibt.
Wenn man Auslandsvorarlberger fragt, was sie vermissen, fällt oft „Lustenauer Senf“. Wie kann man die Faszination einem Außenstehenden erklären?
Bösch: Das zu erklären, an dem arbeite ich auch noch. Es ist ein Produkt, das es in der Form nur in Vorarlberg gibt. Dadurch fehlt es, wenn man es irgendwo nicht bekommt. Das hat mit Heimatverbundenheit zu tun. Senf ist in Vorarlberg stark mit Emotionen behaftet. Wenn man nicht den richtigen Senf hat, fühlt man sich nicht daheim. Dazu kommt, dass wir auch der einzige Hersteller in Vorarlberg sind und die Menschen deshalb gelernt haben, so muss der Geschmack sein.
Ihr Senf hat einen ganz besonderen Geschmack, der sich von anderen Senfen sehr unterscheidet. Wie würden Sie den typischen Geschmack beschreiben?
Bösch: Es gibt viele große Industriehersteller, die relativ standardisierte Produkte anbieten, auch vom Geschmack her. Wir arbeiten nicht nach der Dijon-Art, bei der die Schalenanteile vom Senfkorn ausgesiebt werden. Deshalb ist unser Senf auch dunkler. Richard Bösch hat das Bordeaux-Verfahren gewählt. Und so machen wir den Senf noch heute. Die Schalenanteile sind bei uns als dunkle Punkte im Senf erkennbar. Einen großen Teil macht auch die Würze aus. Ein industriell hergestellter Senf beinhaltet außer Senfsaat, Wasser, Salz und Essig nichts. Wir haben eine feine Abstimmung mit bis zu 15 verschiedenen Gewürzen pro Sorte. Dazu ist Senf ein Naturprodukt. Wir verwenden keine Zusatzstoffe.
Wo schätzt man Ihre Produkte, ist das regional beschränkt?
Bösch: Unser Hauptgebiet ist Vorarlberg. Darüber hinaus beliefern wir die Umgebung mit Ostschweiz, Tirol und Süddeutschland. Das Feinkostsortiment in den Gläsern geht mehr in Richtung Detailhandel in den Städten. Auch in San Francisco haben wir einen Importeur, natürlich nicht in großen Mengen. Manchmal verirrt sich eine Tube auch nach Südamerika oder Thailand über diverse Kanäle. Aber das ist nicht der Standard. Denn Senf ist etwa so wie eine Biermarke, wo es in jeder Region eine klassische Marke gibt, die von den Leuten gepflegt und geschätzt wird. Das ist auf der einen Seite schön wegen der hohen Treue, auf der anderen Seite schwierig, um woanders Fuß zu fassen.
Sie stemmen das Geschäft zu sechs. Produziert wird auch nicht in einer großen Fabrik, wie viele meinen. Gab es nie Bestrebungen, sich zu vergrößern?
Bösch: Das Bild der Lebensmittelindustrie vermittelt das. Dazu kommt, es ist ein präsentes Produkt, das jeder hat und jeder kennt. Daraus schließen viele, dass es eine große Fabrik sein muss. Bei uns hat es sich eingespielt zwischen Absatzmarkt und Betriebsgröße. Solange das stabil ist, passt das so. Ein hohes Risiko einzugehen, um einen Markt zu erschließen, das ist nicht unser Stil.
Schon Ihre Väter haben das Unternehmen zu zweit geführt? Wie funktioniert das in so einem kleinen Betrieb?
Bösch: Es funktioniert sehr gut, weil wir uns von Kindheit an kennen. Wir sind ein eingeschworenes Team. Familie kann auch einmal schwierig sein, aber man richtet sich das immer untereinander. Die Aufgaben sind klar verteilt. Trotzdem kann jeder alles, falls jemand ausfallen sollte.
In den vergangenen Jahren haben Sie das Sortiment ausgebaut. Auf was können sich Ihre Kunden noch freuen?
Bösch: Großes Thema ist Bio-Senf. Aktuell bieten wir vier Sorten in Bio-Qualität an. Das Thema wird uns in Zukunft noch stärker beschäftigen.
Die Emotionalität bezüglich Senf ist über die vielen Jahre entstanden, in denen wir am Markt sind.




Kennzahlen
Lustenauer Senf Bösch Gesellschaft mbH
» Mitarbeiter: 6
» Produktionsmenge: 330 Tonnen Senf im Jahr
» Sortiment: 13 verschiedene Sorten Senf
» Gesellschafter: Felix Bösch (25 %), Herbert Bösch (25 %), Reinhard Bösch (25 %), Stefan Bösch (25 %)
» Geschäftsführer: Felix und Stefan Bösch
Zur Person
Felix Bösch
Geschäftsführender Gesellschafter der Lustenauer Senf Bösch Gesellschaft mbH, Lustenau
Geboren: 2.11.1980
Ausbildung: Pflichtschule, Gymnasium Oberstufe, zwei Semester Studium der Sozialarbeit, anschließend Lehrausbildung im Metallbereich bei der Firma Blum in Höchst
Laufbahn: zehn Jahre bei Blum, vor zwei Jahren Einstieg in das Familienunternehmen
Familie: „In wilder Ehe lebend“, drei Kinder (2 Mädchen, 1 Bub)