EU-Maut: “28 verschiedene Systeme wären grotesk”

Die Diskussion um die deutsche Autobahnmaut dürfte Bewegung in eine europaweite Angelegenheit bringen.
Brüssel, Berlin. (VN) EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat sich für die Einführung einer europaweiten Pkw-Maut ausgesprochen. „Wir haben längst keine Grenzkontrollen mehr. 28 verschiedene Mautsysteme wären da grotesk“, sagte der Deutsche der Zeitung „Welt am Sonntag“. Daher könne er sich an der Stelle einer deutschen Pkw-Maut, wie sie von der Großen Koalition geplant ist, eine „einheitliche Straßennutzungsgebühr für den europäischen Binnenmarkt vorstellen“. Der Ertrag daraus solle nicht in das Budget der Europäischen Union fließen, sondern den Mitgliedstaaten zugutekommen.
Dieses Konzept finde er besser als die auf Betreiben der CSU von der Großen Koalition geplante Pkw-Maut für Ausländer, machte der Energiekommissar deutlich. Auch Verkehrskommissar Siim Kallas habe seine Zweifel am deutschen Modell. Wenn der Gesetzentwurf des deutschen Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) vorliege, werde die EU-Kommission prüfen, „ob mit der Regelung eine Diskriminierung verbunden ist“, kündigte der CDU-Politiker Oettinger an.
Kritik aus Österreich
Mit der Pkw-Maut sollen ausländische Autofahrer zur Finanzierung deutscher Straßen beitragen. Die Maut-Pläne Dobrindts von der mitregierenden CSU sind bei der Opposition, aber auch bei den Regierungsparteien SPD und CDU umstritten. Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, dass die Maut deutsche Autohalter nicht zusätzlich belastet, zugleich aber mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz der EU vereinbar ist. Von verschiedenen Koalitionspolitikern wurden Zweifel angemeldet, dass die Pläne diese Bedingungen tatsächlich würden erfüllen können. Kritik kommt auch von der österreichischen Bundesregierung, zumal die deutschen Autofahrer im Gegensatz zu ausländischen die Maut ja via Kfz-Steuer rückerstattet bekommen sollen.
Für eine europaweite Maut sowohl für Pkw als auch für Lkw haben sich in der Vergangenheit auch österreichische Interessenverbände wiederholt ausgesprochen, da damit Wettbewerbsnachteile vor allem für die Transportwirtschaft als auch für die Tourismusbranche ausgeglichen werden. Aktuell haben die österreichischen Automobilclubs auf die Diskussion um eine EU-Maut noch nicht reagiert. Derzeit heben zwanzig europäische Länder eine Maut ein, davon zehn in Form einer zeitlich begrenzten Vignette, der Rest streckenabhängig. Deutschland, die Benelux-Staaten, Dänemark, Schweden und Großbritannien gehören zu den Ländern, die bislang keine Pkw-Maut einheben.