„Viele Einheimische bleiben auf der Strecke“

Mittelberg. Franz Drexel ist seit über 40 Jahren im Baugewerbe. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit im Kleinwalsertal ist er seit zwölf Jahren Innungsmeister und vertritt die Interessen seiner Kollegen. Im Interview spricht er über die aktuelle Auftragslage, leistbares Wohnen und Trends.
Der Bau ist mit Sorgenfalten ins Jahr gestartet. Wie zeigt sich die Auftragslage derzeit?
Drexel: Es ist Arbeit da, aber die Preise sind wie vor eineinhalb Jahren. Sie sind im Keller. Dadurch, dass man im Winter arbeiten konnte, haben viele die Arbeit vom Frühjahr schon aufgearbeitet. Alles, was jetzt an Ausschreibungen kommt, ist niedrigpreisig. Vom ersten zum zweiten sind es teils zwölf Prozent. Das sind die Auswirkungen.
Ist eine Erholung in Sicht?
Drexel: Die Gemeinnützigen bauen schon, auch im Gewerbe gibt es größere Projekte. Im Tiefbau ist gar nichts los, im Straßenbau nur wenig. Zudem ist es schwierig, Mitarbeiter zu lukrieren. So haben wir weniger Mitarbeiter, der Bauproduktionswert ist aber wesentlich höher.
Wie ist die Lehrlingssituation?
Drexel: Wir investieren sehr viel Geld in Lehrlingswerbung, denn der Lehrling ist unser dringend benötigter Nachwuchs. Wir haben derzeit 210 Lehrlinge, es waren auch schon 260. Aber jetzt kommen die geburtenschwachen Jahrgänge. Im Vergleich zum Rest Österreichs haben wir gemessen an Mitarbeitern und Firmen die meisten Lehrlinge und auch die höchsten Löhne. Wir sind im Vergleich also noch sehr gut aufgestellt. Auch das Image hat sich sehr verbessert. Man muss nicht mehr schwer heben, und wenn ich auf die Baustelle zum Richtfest komme, muss ich das Bier selber mitbringen.
Mit welchen Besonderheiten sind Sie als Bauunternehmer im Kleinwalsertal konfrontiert?
Drexel: Die Besonderheit ist, wir können uns nicht ausbreiten. Und im Allgäu ist das Lohngefüge ein anderes. Da ist es schwer, zu konkurrieren.
Lukrieren Sie mit Ihrer Firma mehr Aufträge aus Vorarlberg oder aus Deutschland?
Drexel: Wir bauen hauptsächlich im Kleinwalsertal, zum Teil auch im Allgäu. Wir sehen aber, dass viele Einheimische auf der Strecke bleiben. Denn die Preise steigen stetig. Wir bauen immer mehr für Deutsche, Holländer, Belgier oder Russen.
Welche Rolle spielen die öffentlichen Auftraggeber? Haben Sie Verständnis für deren „leere Kassen“?
Drexel: Da muss man ehrlich sein: Was sollen die Gemeinden noch bauen? Kindergärten, Schulen, Feuerwehrhäuser … im öffentlichen Bereich ist schon fast alles gebaut. Zum Teil gibt es noch Sanierungen. Aber in den letzten Jahren haben wir schon sehr viel gemacht.
Mit verschiedenen Förderungen wurde in der Vergangenheit versucht, die Bau-Konjunktur anzukurbeln, das führte allerdings auch zu Überhitzungen am Markt. Ist das das richtige Mittel?
Drexel: Das Bauhauptgewerbe war im Vergleich zu Malern, Installateuren, Fensterbauern oder Verputzern von der Sanierung kaum betroffen. Mehr Aufträge erhoffen wir uns mit dem altersgerechten Bauen. Und der Handwerker-Bonus ist von der Wirtschaft zwar gewünscht, aber er ist zu niedrig ausgefallen. Dadurch lässt man nach wie vor Arbeiten schwarz machen.
Ist Schwarzarbeit für den heimischen Bau ein Thema?
Drexel: Das hält sich in Vorarlberg eigentlich in Grenzen. Aber im restlichen Österreich gibt es ganze Firmen, die arbeiten, ohne etwas abzuführen. Das gehört unterbunden.
Inwieweit spüren Sie Trends? Zum Beispiel die verstärkte Nachfrage nach Investorenwohnungen in den vergangenen Jahren?
Drexel: Das haben wir selbst initiiert, indem wir gesagt haben, Grundbuch statt Sparbuch. Diese Entwicklung spüren wir schon, aber wenn die Zinsen steigen, ändert sich das wieder.
Leistbares Wohnen ist mittlerweile mehr als einfach nur ein Schlagwort. Wird Wohnen Ihrer Meinung nach aber jemals wieder leistbar sein?
Drexel: Vor zwanzig Jahren war pro Person die Nutzfläche um 34 Prozent niedriger als heute. Heute braucht eine Person 47 Quadratmeter, 1990 waren es 35 Quadratmeter. Bei einem Quadratmeterpreis von 2000 Euro sind das immerhin 24.000 Euro pro Person. Der individuelle Anspruch macht schon viel aus. Da müsste als Erster der gemeinnützige Bau zurückgehen. Das Thema leistbares Wohnen haben wir als Bauinnung initiiert. Bei den Vorschriften sind wir dran. Bei der Bautechnikverordnung haben wir 55 Punkte vorgebracht, bei denen wir einen Änderungsbedarf sehen. Das wird evaluiert und dann wird entschieden, ob wir für Vorarlberg eine eigene Verordnung machen. Bei der Brandschutzverordnung gibt es in Vorarlberg mit Abstand die vernünftigste Lösung. Da habe ich das Gefühl, dass hier bei den Vorschriften noch mit Augenmaß gehandelt wird.
Wenn man bei den Vorschriften zurückgeht, könnten sich auch mehr Junge Eigentum leisten.


Kennzahlen
Drexelbau GmbH
» Standort: Mittelberg
» 1972 gegründet
» 15 Mitarbeiter
» 2,5 Millionen Euro Umsatz
» 95 Prozent des Umsatzes werden im Kleinwalsertal erzielt
» Eigentümer: Franz Drexel (75%), Thomas Drexel (25%)
» Mit 17 Prozent ist Drexel zudem am Ferienhotel Hirschegg beteiligt
Zur Person
Dipl. Ing. Franz Drexel
Geschäftsführer und Gesellschafter Drexelbau GmbH Mittelberg, Gesellschafter Ferienhotel Hirschegg Gastronomie GmbH (17 %)
Geboren: 28. 1.1947
Ausbildung: Gymnasium in Oberstdorf, Lehre zum Maurer, Studium Bauingenieurwesen in Augsburg
Laufbahn: 1972 Start in die Selbstständigkeit, zunächst als Planungsbüro, ab 1984 als Bauunternehmen
Familie: in Beziehung, drei Söhne