Die ungeliebten Einzelkinder
Ob Fritz Amanns Unternehmen schon bei der Gründung mehrere Mitarbeiter hatte, muss noch eruiert werden. Sicher ist, dass fast 100 Prozent der Unternehmer ihren ersten Schritt in die Selbstständigkeit alleine gemacht haben. Keine Angestellten, keine Arbeiter. Nur jede Menge Überstunden, Sorgen und hoffentlich auch Erfolgserlebnisse. Ein-Personen-Unternehmen sind die Urzelle der freien Wirtschaft. Und die überwiegende Zahl jener, die auf sich alleine gestellt mit Gewerbebehörden, der Kammer, der SVA und dem Finanzamt hadern, haben ihre Freiwilligkeit mit Bedacht – man ist geneigt zu sagen: trotz alledem – gewählt.
Dennoch: Nicht nur der zurückgetretene blaue Wirtschaftskammer-Vizepräsident hat seine liebe Not mit der inzwischen größten Gruppe in der Interessenvertretung der österreichischen Wirtschaft. Obwohl Langzeit-Präsident Christoph Leitl von Anfang an für eine Mitgliedschaft der Ein-Personen-Unternehmen in der WKÖ eingetreten ist, war der Umgang mit dem bunten Haufen lange Zeit ein schwieriger und ist bis heute von gegenseitigem Mißtrauen geprägt. Vorurteile eigentlich, welchen Einzelkinder auch sonst ausgesetzt sind: Viel zu viel ungerechtfertigte Zuwendung, Egoismus, finanzielle Vorteile. Immerhin gilt bei Wirtschaftskammer-Wahlen pro Unternehmen eine Stimme. Das muss von den großen Betrieben erst einmal verdaut werden. Und die Kammerumlage der Winzlinge deckt nicht einmal die Verwaltungskosten der betroffenen Fachgruppen, ist nicht nur von verhaltensauffälligen Ex-Vizepräsidenten zu hören. Das rechnen die Lobbyisten personalintensiver Branchen gerne vor.
Was dazukommt: Es gibt auch aufmüpfige Einzelkinder, die das genau umgekehrt sehen. Die vorrechnen, dass ihnen ihre Interessenvertretung und die Sozialversicherungsbeiträge den Spielraum rauben, den man braucht, wenn man alles in einer Person ist. Geschäftsführer, Marketer, Verkäufer und Produzent: Amici delle SVA nennt man sich dann und steht schon mal vor dem riesigen Bundeswirtschaftskammer-Gebäude in Wien oder dem Hauptquartier der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft nur wenige Meter weiter und macht mit einem Flashmob auf die schwierige wirtschaftliche Lage aufmerksam. Klar, dass da die „Onkel und Tanten Funktionäre“ diese Kinder nur vorbehaltlich lieben und einige „Onkel Fritz“ insgeheim zugestimmt haben. Vorarlberg ist übrigens unverdächtig: Hier stellen die EPU bereits seit Jahren den Präsidenten.
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