“Haben es jetzt satt”

Steuerreform-Forderungen haben bislang nicht gefruchtet. AK-Präsident reicht es.
Schwarzach. AK-Präsident Hubert Hämmerle hat genug. Er verlangt eine Volksbefragung und zur Steuerpolitik und sagt: „Ich bin meinen Mitgliedern verantwortlich und nicht der Partei.“
Herr Präsident, sieht man die Bruttolöhne der Vorarlberger und was am Schluss im Geldbeutel bleibt, ergibt das eine große Differenz …
Hämmerle: Das Loch im Geldbeutel ist riesig und wird immer größer. Deshalb haben wir bereits 2008 ein Lohnsteuertarifmodell präsentiert, das einen Eingangssteuersatz von 20 Prozent, einen wesentlich sanfteren Anstieg und ein späteres Greifen des Spitzensteuersatzes vorsieht. Das Leben muss für die Menschen wieder leistbar werden. Wenn junge Leute, die Vollzeit arbeiten gehen, nicht mehr in der Lage sind, Eigentum aufzubauen, dann ist das System mehr als krank.
Sie haben die Steuerpolitik der Bundesregierung wiederholt scharf kritisiert. Verhallt diese Kritik bei Ihren Parteifreunden in Wien?
Hämmerle: Wir wurden jetzt sechs Jahre lang vertröstet. Wir haben es endgültig satt. Es gab 2008 keinen Spielraum für eine strukturelle Lohnsteuerreform, es gibt heute keinen und es wird auch 2018 keinen geben. Ich behaupte: Es geht der Regierung weniger ums Können als vielmehr ums Wollen. Die arbeitenden Menschen sollen für die Finanzmisere zahlen, während die Reichen immer noch reicher werden. Das ist doch die wirkliche Sauerei. Der Bundes-ÖVP muss klar gemacht werden: Es gibt in dieser Republik nicht nur Unternehmer, Bauern und Beamte.
Das sind harte Vorwürfe. Grenzt das nicht schon an parteischädigendes Verhalten?
Hämmerle: Die Frage ist: Was schädigt die Partei mehr? Das Verhalten der Parteispitze oder unsere Position. Und den Mund verbieten lasse ich mir schon gar nicht. Auch wenn wiederholt Beschwerdeanrufe aus Wien kommen.
Die Kritik an der hohen Steuerquote wird immer lauter. Wie kann man diese „Wut“ kanalisieren, wie Bewegung in die Sache bringen?
Hämmerle: Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl und ich wollen eine breite Protestbewegung anschieben. Wir zeigen Faymann, Spindelegger und Co. die rote Karte für ihr Nicht-Handeln. Wir fordern alle Nationalräte auf, umgehend der Einleitung einer Volksbefragung zuzustimmen. Und wir werden mit Unterschriftenaktionen in Tirol und Vorarlberg die Forderung der arbeitenden Menschen nach einer sofortigen Lohnsteuersenkung weiter verstärken. Dabei freuen wir uns über jede Unterstützung.
Hat die AK Vorarlberg auch einen Vorschlag, wie man das bestehende System umbauen kann?
Hämmerle: Den gibt es seit 2008: Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 20 Prozent, eine Absenkung der Grenzsteuersätze und Greifen des Spitzensteuersatzes von 50 Prozent erst ab einem Jahreseinkommen von 84.000 Euro. Die Lohnsteuersenkung muss alle Einkommensgruppen treffen. Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine Abschaffung der kalten Progression.
Wie soll der Staat dann finanziert werden? Funktioniert das mit Ihrem Modell?
Hämmerle: Natürlich. Der Staat soll sich das Geld in jenen Bereichen holen, die bislang weitgehend verschont blieben. Beispielsweise sind arbeitslose Einkünfte aus Vermögen weit unterdurchschnittlich besteuert. Alleine eine Anhebung auf OECD-Niveau würde Milliarden bringen. Auch eine Finanztransaktionssteuer, die ihren Namen verdient, könnte zur Finanzierung beitragen. Es sind aber auch Einsparungen möglich. Man könnte in der Verwaltung sparen sowie den Förderdschungel für Wirtschaft und Landwirtschaft lichten. Was es hingegen nicht sein kann, ist eine Umverteilung innerhalb der Arbeitnehmerschaft. Einerseits Steuerentlastung und andererseits die Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.