“Alle sechs Monate kommt was Radikales”

Dornbirn. Die Massive Art WebServices GmbH ist die größte Web-Agentur des Landes und befindet sich auf rasantem Wachstumskurs. Ebenso rasant ist die technologische Entwicklung in dieser Branche. Wie sie mit der Entwicklung Schritt halten und sie aus einem Internet-Start-up ein klassischer KMU-Betrieb wurden, erzählen die beiden Geschäftsführer Bernd Hepberger und Rainer Schönherr im VN-Gespräch.
Sie bezeichnen sich selbst als „Geeks“. Muss man in der Branche ein echter „Freak“ sein um zu reüssieren?
Bernd Hepberger: Ich glaube schon, dass unsere Branche nach wie vor sehr stark von Menschen abhängt, die sich ein extremes Wissen aneignen. Das merken wir auch bei der Mitarbeitersuche.
Rainer Schönherr: Das Wort Geek spricht auch die Leute in der Szene an. Die Leute wissen, dass sie Geeks sind. Die Leute, die bei uns arbeiten, leben für das, was sie tun. Sie geben wertvolle Inputs. Anders könnten wir gar nicht so weit vorne mitspielen.
1997 steckte das Internet in den Kinderschuhen. Wie schwierig war der Start?
Hepberger: Der Start war gar nicht so schwierig. Wir sind aus einer Gruppe von Fachhochschulstudenten entstanden. Meine erste Berührung mit dem Internet war 1996 im Conrad Sohm bei einem Vol.at-Stand. Von Teleport aus ist da sehr viel Energie geflossen – auch in Richtung FH. Darum waren wir die Ersten, die Internetdienstleistungen anboten, obwohl wir noch Schülerbuben waren. Schwierig war dann eher, ein professionelles Unternehmen daraus zu machen. Ganz lange waren wir ein Internet-Start-up. Eine schwierige Phase war auch die Zeit nach dem Bubble-Burst (Dot.com-Blase).
Schönherr: Als ich im Jahr 2000 zu Massive Art gestoßen bin, hat man noch eine große Zukunft vorausgesagt. Man wollte eine Professionalisierung im großen Stil durchführen. Doch das konnte nicht stattfinden weil auf einmal die ganzen Aufträge weggebrochen sind. Es war im Jahr 2000. Richtig explodiert ist das Ganze ab 2010. Da wurde es Mainstream.
Wie lange hielt die schwierige Phase dann an?
Hepberger: Es ist bis 2007 gegangen, bis man die Leute überzeugt hat, dass man in diese Richtung was machen sollte. Wir haben damals schon gepredigt, dass Unternehmen E-Commerce betreiben sollen, denn damals war es noch sehr einfach. Amazon war noch nicht so groß, Apple war noch nicht so weit. Aber die Unternehmen gingen lieber noch auf Messen. Heute wollen es alle und am liebsten sofort. Am liebsten hätten sie das Gleiche wie Amazon, nur haben die inzwischen viele Jahre und noch mehr Millionen investiert.
Sie haben ein rasantes Wachstum hingelegt, birgt das nicht gewisse Gefahren und ist Ihr Wachstum abgeschlossen?
Hepberger: Wir skalieren nur mit dem Umsatz. Wir sehen uns nicht als Risikoprojekt. Und zur Größe: Für Vorarlberg sind wir schon ziemlich groß. Sobald man aber über die Landesgrenzen schaut, gibt es Agenturen mit 100 bis 150 Mitarbeitern. Von daher sind wir noch ausbaufähig.
Schönherr: Wir haben sicherlich eine Kamikaze-Einstellung. Bei uns ist die kritische Masse Personalzuwachs, Firmenstrukturen zu erhalten und Management aufzubauen.
Wie schwierig ist es, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten, da braucht es sicherlich auch eine “Kamikaze-Einstellung”?
Hepberger: Wir unterliegen in unserer Branche einem sechsmonatigen Lernzyklus. Alle sechs Monate kommt teilweise etwas wirklich Radikales dazu.
Schönherr: Je nachdem was man für einen Anspruch an sich selber hat, kann man sich mehr oder weniger Stress machen. Unser Anspruch war es immer schon international ganz vorne mitzuspielen. Wir schicken daher unsere Leute auf internationale Messen. Auch wir haben Entwicklungen schon fast verschlafen, ehe wir gemerkt haben, rund ums Ländle bewegt sich die Welt viel schneller. Seither versuchen wir gewisse Sachen auch als Vorreiter voranzutreiben.
Inwieweit sind die Vorarlberger Betriebe up to date? Viele haben gar keine Homepage…
Hepberger: Da ist sicherlich noch Nachholbedarf. Es gibt aber auch Betriebe, die super aufgestellt sind und die Zeichen der Zeit erkannt haben. Am professionellsten agiert derzeit der Tourismus. Der erste Auftrag von Massive Art war damals zu Studienzeiten Lech-Zürs-Tourismus.
Gibt es ein Tool, auf das ein Unternehmen – egal welcher Größe – keinesfalls verzichten sollte?
Hepberger: Das erste ist, die Google-Klaviatur zu spielen. 70 bis 80 Prozent des Traffics laufen über Google. Wenn man die von Google gratis zur Verfügung gestellten Angebote nützen kann, sorgt man schon einmal dafür, dass man existiert. Wenn heute ein Tischler will, dass man ihn findet und bei Google einen Brancheneintrag macht, kann man schon einmal ein großes Plus dahinter machen.
Die Dot.com-Blase war hart für uns. Da war auf einmal alles, was mit Internet zu tun hat, ein Blödsinn.

Kennzahlen
Massive Art WebServices GmbH, Dornbirn
» 1997 gegründet; Eigentümerwechsel; 2010 Rückkauf
» Gesellschafter und Geschäftsführer: Bernd Hepberger (50 %), Rainer Schönherr (50 %)
» 35 Mitarbeiter
» Umsatz 2013: 2,8 Millionen Euro (mit durchschnittlich 26 Mitarbeitern)
» Umsatzziel 2014: 3,5 Millionen Euro
Zu den Personen
Bernd Hepberger, Mag. (FH)
CEO, Creative Director
Geboren: 8. Oktober 1975
Ausbildung: Matura am BG Schoren, Studium für mediale Kommunikationsgestaltung
Laufbahn: Mitgründer der Massive Art GmbH, Praktikant als Designer bei Lacher Duma Communications (CH)
Familie: verheiratet
Rainer Schönherr, Dipl. Ing.
CEO, CTO
Geboren: 25. Mai 1971
Ausbildung: Matura am BG Egg, Studium in Wien Elektrotechnik/Computertechnik
Laufbahn: UMTS Mobilfunk Siemens Wien, Dorner Electronics, Informatiklehrer an der HTL
Familie: verheiratet, 2 Kinder