Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Ohne Mut ändert sich gar nichts

Markt / 02.07.2014 • 22:22 Uhr

Will man über Finanzminister Michael Spindelegger etwas Gutes sagen, könnte man seine Entscheidungen und seine Amtsführung mutig nennen. Man braucht Visionen, um Neues zu verwirklichen, um einem Staat die Richtung vorzugeben, auch wenn es manchmal unpopulär ist.

 

Das Attribut „unpopulär“ hat der ÖVP-Chef auf sich genommen, mutig ist er aber nur bei oberflächlicher Beurteilung seiner Aktivitäten. Wirklich mutig wäre, wenn er in Sachen Steuerreform angeht, was die Bürger fordern, und manchmal auf die Wirtschaft hören würde, bevor er Entscheidungen trifft, die weitreichende Konsequenzen für den Standort haben. Mutig ist ja auch nicht sein Hypo-Sondergesetz, das eher an eine Verzweiflungstat gemahnt denn an eine nachhaltige Entscheidung für den Standort Österreich. Schon die Ankündigung hat negative Auswirkungen für unser Land. Das Vertrauen ausländischer Investoren, von IWF und EU ist erschüttert, das gilt für den Finanzplatz und für den Industriestandort. Man sollte deshalb „Mut“ nicht mit „dumm“ verwechseln.

Und nicht mutig ist es auch, sich der Forderung nach Steuerreform einfach zu verweigern. Denn „stur“ kann auch „dumm“ bedeuten. Eine Steuerreform wird derzeit von wirklich allen gefordert und es gibt genug Argumente dafür. Klar, wollen die Arbeitnehmer mehr Geld auf dem Konto haben, sie haben es auch verdient. Sie arbeiten zusammen mit ihrem Arbeitgeber für einen erfolgreichen Standort, sie halten das Werkl am Laufen und bekommen trotz höherer Bruttolöhne nichts von dem Mehraufwand, den die Firma hat.

 

Dieser geht an den Staat, der sich auch heuer – ohne schlechtes Gewissen – über Einnahmen freut, die weit über dem liegen, was Spindelegger und Mannschaft geplant haben. Mutig wäre es, wenn er und seine Ministerialräte einmal hinterfragen, warum das so ist und wie man das ändern könnte. Mutig wäre es auch von Spindeleggers Chef Werner Faymann, wenn er sich endlich einmal klar zu den aktuellen Themen äußern würde, statt sich heimlich zu freuen, dass sein Koalitionspartner derzeit in den Fettnäpfchen versinkt.

 

Weniger Mut braucht es, sich als Bürger in die Politik einzubringen und sei es nur mit einer Unterschrift. Dazu braucht es aber den Glauben oder besser das Wissen, dass Demokratie funktioniert und nicht von einigen wenigen „da oben“ gemacht wird. Aber ohne den Mut zu diesem Schritt ändert sich gar nichts.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862