Ein “gerade noch verkraftbarer” Kompromiss nach einer langen Nacht

Elfstündiger Verhandlungsmarathon brachte schließlich Einigung bei Metallerlohnrunde.
Wien. (VN-reh) Elf Stunden wurde gestern verhandelt, in der Nacht stand dann fest: Die rund 120.000 Mitarbeiter in der Maschinen- und Metallwarenindustrie bekommen 2,1 Prozent mehr Lohn. Dabei deutete es am Abend eigentlich darauf hin, dass man sich nicht so schnell einigen würde. Denn es gab einen großen Streitpunkt. Nämlich den, ob man sich an der europäischen oder an der österreichischen Inflationsrate orientiert.
„Bis 18 Uhr war das ein Thema. Da haben wir gesagt, das macht keinen Sinn, wir ziehen einen Schlussstrich“, gibt der Vorarlberger Gewerkschafter Norbert Loacker (PRO-GE) Einblick in die gestrige Verhandlung. Geworden ist es letztlich nach Einlenken der Arbeitgeberseite die österreichische Inflation von 1,7 Prozent. Der Abschluss von 2,1 Prozent bedeutet also nun für die Arbeiter und Angestellten der Branche ein Reallohnplus von 0,4 Prozentpunkten. „Sonst hätte es Protestversammlungen gegeben und das wäre für die Arbeitgeber nicht sehr lustig gewesen“, so Loacker.
Die Reaktionen beider
Seiten nach Abschluss sind dabei gar nicht so unterschiedlich. Als gerade noch verkraftbar, sieht FMMI-Obmann Christian Knill den Abschluss. Und auch Norbert Loacker spricht von einem vertretbaren Kompromiss. Schließlich müsse man auch Rücksicht auf jene Betriebe nehmen, in denen es derzeit nicht so gut laufe. Sonst seien letztlich Arbeitsplätze gefährdet. Auch für Bernhard Heinzle (Gewerkschaft GPA-djp Vorarlberg) ist es ein ordentlicher Abschluss, vor allem unter den wirtschaftlichen Bedingungen. Auch wenn er zugibt, dass man sich immer mehr wünsche. Oder wie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner es zusammenfasst: „Wenn beide Seiten so kommentieren, dass es gerade noch das Erträgliche war, glaube ich, dass es ein vernünftiger Kompromiss ist.“
Freizeitoption vom Tisch
Die von der Gewerkschaft gewünschte Freizeitoption, bei der sich Mitarbeiter für mehr Freizeit statt für mehr Verdienst hätten entscheiden können, wurde übrigens wegverhandelt. Man sehe darin eine Arbeitszeitverkürzung, so Knill. Für Loacker ist es indes eine vertane Chance. Aber zu einem Kompromiss gehöre auch, dass man vieles wolle, aber nicht alles erreiche.
Im Gegenzug setzten sich die Gewerkschaftsverhandler beim Mindestlohn durch. Dieser steigt ebenso wie die Ist-Löhne und Lehrlingsentschädigungen um 2,1 Prozent. Die Zulagen werden um 1,7 Prozent angehoben. Der Abschluss sei aber nur die eine Sache. „Denn wenn Mindestlohnbeziehern von 40 Euro plus 20 Euro weg versteuert werden, dann ist das für mich nicht akzeptabel“, ärgert sich Loacker. Hier sei jetzt die Regierung am Zug. Diese müsste dringend die kalte Progression bis zum
1. Jänner 2015 abstellen, damit die folgenden Lohnrunden nicht infrage gestellt würden. Der neue Kollektivvertrag (KV) gilt ab November für ein Jahr.
Gar nicht am Verhandlungstisch landete übrigens das Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Man wolle nun die Gespräche aber wieder aufnehmen, erklären beide Seiten unisono.
Man wünscht sich immer mehr, aber es ist ein guter Abschluss.
Bernhard Heinzle