Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Klassenkampf ist nicht mehr

Markt / 12.11.2014 • 22:24 Uhr

Das verfügbare Einkommen der Haushalte ist im vergangenen Jahr auf den Stand von 2006 zurückgefallen. Geschuldet ist das der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre, vor allem aber der Belastung durch Abgaben und Steuern, sagt die Statistik Austria, die jeder Polemik abhold ist und alles, was sie veröffentlicht, mit Zahlen unterfüttern kann. Die Lohnsteuer stieg auch 2013 stärker als die Bruttobezüge: Bei den Einkommen gab es ein Plus von 2,9 Prozent, die Steuereinnahmen wuchsen um 4,8 Prozent. So viel zu den Fakten.

Unter der hohen Abgabenlast ächzen Menschen und Unternehmen. Initiativen für eine Entlastung und damit verbunden eine Steuerreform kommen von der Arbeiterkammer ebenso wie von Wirtschaftsverbänden, denn alle sind direkt davon betroffen. Wenn Unternehmer eine Abgabensenkung fordern, wollen sie das auch für ihre Mitarbeiter. Das haben sie oft genug betont und auch begründet. Wer sich mit dem Thema befasst hat, weiß das und weiß, dass es einer funktionierenden Wirtschaft bedarf, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten.

Man kann aber auch simplifizieren und versuchen, mit dem Thema Neid und Zwietracht zu säen, aus welchem Grund auch immer. Das hat offenbar die Vorarlberger Armutskonferenz vor. In einem Brief an Landeshauptmann Wallner und Landesrat Rauch kritisieren deren Spitzenvertreter die Forderung der Industrie nach einer Abgabensenkung, konkret: „Keine nutzlose Abgabenentlastung für Unternehmer.“ Denn auch vergangene Entlastungen, so die Mitglieder der Konferenz, hätten die erwünschten wirtschaftlichen Effekte nicht gezeitigt. Im Gegenteil: mehr Arbeitslose, weniger Wachstum und sinkende Investitionen seien das Ergebnis gewesen.

Reinste politsche Hetze, denn dass Vorarlberg noch nie so viele Beschäftigte hatte wie heute, dass trotz geringem internationalem Wachstum Vorarlbergs Firmen überproportional viel investieren, lässt sich mit Zahlen belegen. Was soll dieses Eindreschen auf eine gesellschaftliche Gruppe, die mehr für die Bekämpfung der Armut leistet als manche Wortführer, die sich offensichtlich weigern, Zusammenhänge zu erkennen, die lieber Schuldige nennen, statt nach Lösungen zu suchen, und die sich im Gegensatz zu Unternehmern nicht täglich im Wettbewerb beweisen müssen, weil sie einen sicheren Arbeitsplatz in einer jener Sozialinstitutionen haben, die aus Steuern von Arbeitgebern und -nehmern finanziert werden. Klassenkampf ist nicht mehr, was wir brauchen, ist ein konstruktives Miteinander statt ideologischer Brandstifter.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862