Negative Bilanz, unsichere Lage
Es war zu erwarten, auch wenn man sich doch manchmal nach guten Nachrichten sehnt. Beim Neujahrsempfang der Vorarlberger Industriellenvereinigung am Montag zog deren Präsident Bilanz, und die fiel in fast allen Bereichen – gelinde gesagt – nicht gerade gut aus.
Nicht die Bilanz der Vorarlberger Unternehmen, wohlgemerkt. Er zog zum Beginn eines neuen Jahres, das von allen Wirtschaftsforschern bereits jetzt als schwierig klassifiziert wird, die Bilanz 2014 des Wirtschaftsstandortes Österreich. Auch wenn Gott sei Dank nicht immer eintrifft, was in den Instituten und Forschungsanstalten vorhergesagt wird, kann man davon ausgehen, dass der Wettbewerb heuer wieder einen Zahn zulegen wird. Unternehmen bereiten sich so gut wie möglich darauf vor, solchen Schwierigkeiten auszuweichen, alles andere wäre fahrlässig. Doch das gilt nicht in allen Bereichen. Österreich hat in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen seinen Spitzenplatz in internationalen Vergleichen verloren. Die einstige „Insel der Seligen“ hat heute die höchste Inflationsrate in der EU, die Zahl der Arbeitslosen ist auf einem Rekordhoch, dennoch fehlen nach wie vor Fachkräfte in allen Branchen.
Österreich hat 2014 eine erbitterte Debatte über eine Steuerreform geführt, die sogar einen Parteichef sein Amt gekostet hat. Allein: Die Steuern sind nach wie vor höher als sie im Hochsteuerland Schweden jemals waren. Ein Vorschlag ist angekündigt. Bis man sich auf die tatsächlichen Eckpunkte einigt, werden wieder einige Monate vergehen, die es der Wirtschaft schwer machen, auf dem Weltmarkt zu konkurrenzieren.
Mit dem Abbau der Bürokratie geht es auch nicht richtig vorwärts. In Österreich wurden im letzten Jahr zwar einige nicht zu rechtfertigende Regelungen abgeschafft, Prüfzeiträume ausgedehnt und Anmeldeformalitäten vereinfacht, doch dafür wurden neue Regelungen und Dokumentationspflichten eingeführt, die das bei Weitem wieder zunichte machen.
In den vergangenen Jahren haben internationale Unternehmen Österreich und auch Vorarlberg gemieden, wenn es um Ansiedlungen ging und geht. In Ländern (die auch der EU angehören) scheint man mit ähnlichen Rahmenbedingungen bessere Ergebnisse zu erzielen. Will Österreich also weiterhin an der Tabellenspitze mitspielen, heißt das, dass die Zeit der Debatten vorbei ist und gehandelt wird. Aber das wurde ja schon des Öfteren festgestellt. Nur umgesetzt hat es bisher niemand.
Wenn Österreich weiter an der Spitze mitspielen will, muss gehandelt statt debattiert werden.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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