“Im Büro war es mir zu langweilig”

Sechs weibliche Technik-Azubis sprechen über ihre jeweilige Berufsentscheidung.
Schwarzach. Metallblöcke bearbeiten, Maschinen konstruieren, elektrische Schaltungen warten. Das machen auch heute noch meist Männer. Aber wieso eigentlich? Die VN sprachen mit sechs jungen Vorarlberger Damen, die je eine Lehre in einem vermeintlichen Männerberuf begonnen haben. Sie alle sind ihrer Aufgabe gewachsen und haben Spaß daran. Dennoch: In die Industrie fanden sie alle erst im zweiten Anlauf.
Die Pausensirene gellt über das Gelände der ÖBB-Lehrwerkstatt am Levner Weiher in Feldkirch. Zwischen alten Backsteinhallen und modernen Betriebsgebäuden laufen blaue Overalls umher. Nicht in allen stecken Burschen, auch Mädels lernen bei den ÖBB, mit Metall und Elektronik zu arbeiten. Vergangenes Jahr begannen Svenja und Jennifer ihre Ausbildung bei der Bahn. Die 16 und 19 Jahre alten Mädels fanden über ganz unterschiedliche Wege in die Techniker-Lehre. Doch beide sind sich einig: „Dieser Beruf ist der richtige für mich.“
Kochen? Nein, danke.
Jenny Giesinger aus Höchst schraubt schon seit Jahren an Zügen – wenn auch im Modellformat. Sie ist Mitglied bei den Modellbahnfreunden. Beruflich war das nach der Schule zunächst kein Thema für sie, sie absolvierte die Fachschule für wirtschaftliche Berufe in Marienberg. Gerade der gastronomische Teil der Ausbildung gefiel ihr aber überhaupt nicht. Fünf bis sechs Stunden in der Woche kochen? Jenny schüttelt den Kopf. Jetzt ist sie angehende Anlagen- und Betriebstechnikerin.
Zwar fing auch Svenja Haupt aus Lorüns ihre Karriere eher klassisch im Gesundheits- und Sozialzweig auf der HTL an – ihr war aber schon von vornherein klar, dass sie einen technischen Beruf lernen würde. „Ich habe als Kind nicht mit Barbies gespielt, sondern Hütten im Wald gebaut“, erzählt sie. Dem Papa hat sie beim Hausbau geholfen. Dass er ihr doch dazu riet, es erst mal im sozialen Bereich zu versuchen, sieht sie positiv. „Ich habe auch Erste Hilfe gelernt, das kann man gut gebrauchen“, sagt die Maschinenbautechnikerin in Ausbildung.
Dass in der Werkstatt überwiegend Burschen arbeiten, stört die beiden nicht. Im Gegenteil, sagt Jenny, „die zicken nicht so viel“. Mit den Kollegen kommen beide gut aus, und auch die Ausbilder machen keinen Unterschied zwischen Buben und Mädels, sagen sie einhellig.
Wie geht es weiter? „Ich will Lokführerin werden“, sagt die 16-jährige Svenja bestimmt. Auch dazu kann die Technikerlehre den Grundstein legen. Jenny ist sich nicht ganz sicher. „Ich habe ja noch dreieinhalb Jahre Zeit“, sagt sie, denn so lange dauert die Lehre.
Mit Papa an Autos geschraubt
Bei Getzner Textil in Bludenz dreht sich alles um Kleidung. Doch wer die 17-jährige Katharina Bale an ihrem Arbeitsplatz besuchen möchte, der findet sie dort, wo es nach Werkstatt klingt und nach Schmieröl riecht. „Ich hab früher schon dem Papa geholfen, Autos zu richten“, erzählt sie. Ihr erster Weg ins Berufsleben führte sie aber auf die Handelsschule nach Feldkirch. Ihren Traumberuf fand sie dort nicht. „Im Büro war es mir zu langweilig“, sagt sie. Ihre heutige Lieblingsbeschäftigung: „Gewinde von Hand schneiden“, sagt die Metallbautechnikerin im 1. Lehrjahr.
„Wenn es ein Problem gibt, dann muss ich eine Lösung finden“, so beschreibt Antonia Fink ihren Beruf. Die Maturantin lernt bei Heron in Dornbirn Konstrukteurin. In der Halle, in der die 20-Jährige ihren Arbeitsplatz hat, schweben Test-Roboter über Schienen. Sie zeigt stolz die Pläne eines Arbeitsplatzes, den sie so gestaltet hat, dass die Abläufe optimal funktionieren. Aber auch Antonia hat ein soziales Jahr in der Volksschule absolviert, ehe sie in der Industrie Fuß fasste. „Bei der Arbeit mit Kindern habe ich mir schwergetan“, erinnert sie sich. Konstruieren kann sie, „weil ich ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen habe“, sagt die Krumbacherin.
Drehen, Fräsen, Bohren
Michaela Baldauf und Nadine Matus zeigen ihr neuestes Werkstück: Einen faustgroßen Alu-Spielwürfel mit goldfarbenen Augen. „Wir haben die Augen aus Messing gedreht, dann die Löcher in den Würfel gebohrt“, erzählen sie stolz. „Als Nächstes die Augen eingepresst und darüber gefräst, dann den Würfel poliert.“ Man hört den beiden die Begeisterung über das Vollbrachte an.
Beide machen ihre Ausbildung bei 1zu1 Prototypen in Dornbirn. Nadine (17) aus Wolfurt wird Kunststoffformgeberin. Sie mag das Material Kunststoff, „denn man kann extrem viel damit machen“. Die 18-jährige Michaela aus Bregenz bevorzugt Metall, weil man es von Hand bearbeiten kann. Sie wird Zerspanungsmechanikerin. Auf dem direkten Weg kamen auch sie nicht in die Industrie. Nadine ging ein Jahr auf die Tourismusschule, Michaela machte ein soziales Jahr.
Und wie ist es so, mit den Jungs zu arbeiten? „Voll cool“, sagen die beiden. Bieten die Burschen ihre Hilfe an, „ist das einfach nur gut gemeint“, sind beide überzeugt. „Aber manchmal fragen sie auch uns“, stellt Michaela klar.
Manchmal fragen die Jungs auch uns Mädels um Rat.
Michaela Baldauf


